Arbeitszeit

BAG sieht Klärungsbedarf beim Urlaubsrecht

09. Februar 2017
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Quelle: © Sunny Images / Foto Dollar Club

Dürfen nicht genommene Urlaubstage verfallen, wenn der Arbeitnehmer die Gelegenheit hatte, in den Urlaub zu gehen? Muss der Arbeitgeber den Urlaub einseitig festlegen, wenn der Mitarbeiter ihn nicht beantragt? Diese Fragen hat das Bundesarbeitsgericht dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. 


Mit dem Vorlagebeschluss bezweckt das BAG, Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Richtlinie 2003/88/EG) beziehungsweise Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) dahingehend zu überprüfen, ob sie einer nationalen Regelung wie der in § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) entgegenstehen. Diese sieht vor, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaub unter Angabe der freien Tage beantragen muss, damit der Urlaubsanspruch am Ende des Bezugszeitraums nicht ersatzlos untergeht. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nach der nationalen Regelung nicht verpflichtet ist, von sich aus einseitig und für den Arbeitnehmer verbindlich die zeitliche Lage des Urlaubs innerhalb des Bezugszeitraums festzulegen. Dem könnten die EU-Regelungen allerdings entgegenstehen.

Weiter möchte das BAG wissen, ob dies auch dann gilt, wenn das Arbeitsverhältnis zwischen Privatpersonen bestand?

Hintergrund der Vorlagefragen: Der Kläger war vom 1. August 2001 bis zum 31. Dezember 2013 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge als Wissenschaftler beschäftigt. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 bat ihn der Arbeitgeber, seinen Urlaub vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Der Kläger nahm am 15. November und am 2. Dezember 2013 jeweils einen Tag Erholungsurlaub und verlangte mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 vom Beklagten ohne Erfolg die Abgeltung von 51 nicht genommenen Urlaubstagen.

Nach den nationalen Bestimmungen waren die Urlaubsansprüche des Klägers mit Ablauf des Urlaubsjahres 2013 verfallen. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG verfällt der im Urlaubsjahr nicht genommene Urlaub des Arbeitnehmers grundsätzlich am Ende des Urlaubsjahres, wenn - wie hier - keine Übertragungsgründe nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG vorliegen. Der Arbeitgeber ist nach nationalem Recht nicht verpflichtet, den Urlaub ohne einen Antrag oder Wunsch des Arbeitnehmers im Urlaubsjahr zu gewähren und somit dem Arbeitnehmer den Urlaub aufzuzwingen.

EuGH-Rechtsprechung nicht eindeutig

Die Frage, ob Unionsrecht dem entgegensteht, ist aus Sicht des BAG vom EuGH nicht eindeutig beantwortet worden. Im Schrifttum werde aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 30. Juni 2016 (Az.: C-178/15) teilweise abgeleitet, der Arbeitgeber sei gemäß Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG verpflichtet, den Erholungsurlaub von sich aus einseitig zeitlich festzulegen.

Ein Teil der nationalen Rechtsprechung versteht die Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union im Urteil vom 12. Juni 2014 (Az.: C-118/13) so, dass der Mindestjahresurlaub gemäß Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG auch dann nicht mit Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums verfallen darf, wenn der Arbeitnehmer in der Lage war, seinen Urlaubsanspruch wahrzunehmen (vgl. LAG Köln 22. April 2016 - 4 Sa 1095/15 -) .

Ferner besteht aus Sicht der Erfurter Richter Klärungsbedarf, ob die vom EuGH möglicherweise aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG oder Art. 31 Abs. 2 GRC entnommene Verpflichtung zwischen Privatpersonen unmittelbare Wirkung entfaltet.

© bund-verlag.de (mst)

 

Quelle

Bundesarbeitsgericht (13.12.2016)
Aktenzeichen 9 AZR 541/15 (A)
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