Betriebsvereinbarung

Bei Hitze keine Krawattenpflicht für Banker

22. Oktober 2015

Das macht Hoffnung für den Sommer: Auch die stets korrekt gekleideten Bankmitarbeiter dürfen bei Raumtemperaturen ab 30 Grad auf Krawatten verzichten. Der örtliche Betriebsrat oder die Einigungsstelle können dies in einer Betriebsvereinbarung zum Thema Raumklima regeln, bestätigt das Landesarbeitsgericht in Stuttgart.

Die Postbank Filialvertrieb AG und die Postbank Filial GmbH (Arbeitgeberin) führen für den Bereich Stuttgart mit insgesamt 86 Filialen, der sich räumlich über Teile von Baden-Württemberg und Bayern erstreckt, einen Gemeinschaftsbetrieb, in welchem ein örtlicher Betriebsrat gebildet ist. Zum Thema Gesundheitsschutz/Raumklima bildeten die Betriebspartner eine Einigungsstelle.

Einigungsstelle zur temperaturgerechten Kleidung

Diese Einigungsstelle entschied, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Kältebelastungen in den Arbeitsräumen von unter 17 Grad berechtigt sind, an die Dienstkleidung angepasste Pullover oder Westen zu tragen. Bei Raumtemperaturen über 30 Grad sollen die Mitarbeiter berechtigt sein, auf das Tragen von Krawatten zu verzichten.

Unternehmensweit besteht zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Unternehmensbekleidung, die die Mitarbeiter zum Tragen im Einzelnen vorgeschriebener Unternehmensbekleidung verpflichtet. Zu einer kompletten Unternehmensbekleidung gehört mindestens Hemd/Bluse sowie Hose/Rock und Krawatte.

Postbank will unternehmensweit einheitliche Kleiderordnung

Die Arbeitgeberin focht den Spruch der Einigungsstelle beim Arbeitsgericht an. Sie begehrte die Feststellung, dass die oben benannte Regelung zur Berechtigung zum Tragen von Pullovern und das Lockern der Krawatten unwirksam sei. Sie meinte, der Betriebsrat habe auch im Rahmen des Gesundheitsschutzes keine Regelungszuständigkeit über Unternehmensbekleidung. Diese stehe ausschließlich dem Gesamtbetriebsrat zu.

Das Arbeitsgericht entsprach dem Antrag der Arbeitgeberin mit Beschluss vom 28.05.2015. Hiergegen legte der Betriebsrat Beschwerde beim Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg ein. Der Gesamtbetriebsrat wurde am Verfahren beteiligt.

Gesamtbetriebsvereinbarung hat keinen Vorrang

Die 4. Kammer des LAG hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts aufgehoben und die Anträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Denn nach Auffassung des Gerichts haben sowohl der örtliche als auch der Gesamtbetriebsrat innerhalb ihrer Mitbestimmungsrechte gehandelt.

Das LAG geht davon aus, dass der Gesamtbetriebsrat für die Frage der einheitlichen Unternehmensbekleidung zuständig war. Es handeltsich um eine Frage der betrieblichen Ordnung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, die für das Unternehmen einheitlich geregelt werden muss.

Allerdings ist das LAG auch der Auffassung, dass der örtlichen Betriebsrat eine eigene Regelungszuständigkeit hat: Das Vorgehen bei zu hohen oder niedrigen Raumtemperaturen ist eine Frage des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG.

Beide Betriebsratsgremien haben Mitbestimmungsrechte

Das LAG sieht darin, anders als das Arbeitsgericht und die Bank, keinen Anwendungsfall des so genannten Grundsatzes der Zuständigkeitstrennung. Dieser würde dazu führen, dass im Unternehmen nur ein Gremium für einen Mitbestimmungstatbestand des BetrVG zuständig sein kann.

Vielmehr handelt sich um zwei verschiedene Mitbestimmungsrechte, die sich lediglich in dem kleinen Teilbereich »Arbeitsbekleidung« überschneiden. Solche Überschneidungen sind aber hinzunehmen, zumal der örtliche Betriebsrat die einheitliche Bekleidungsordnung im Unternehmen nicht in Frage stellt.

Das BAG könnte auch noch entscheiden

Allerdings hat das LAG die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen, so dass auch noch eine höchstrichterliche Entscheidung der Krawattenfrage - hoffentlich bis zum Sommer - möglich ist.

Quelle:
LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.10.2015
Aktenzeichen 4 TaBV 2/15
LAG Baden-Württemberg, Pressemitteilung vom 21.10.2015

Lesetipp der AiB-Redaktion
»Sommer, Sonne und Hitze - Betriebsvereinbarung zur Wärmeentlastung« von Jens Gäbert in »Arbeitsrecht im Betrieb« 7-8/2013, S. 409-413 .

© bund-verlag.de (ck)

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