Mitbestimmung

So geht die Mitbestimmung im Arbeitskampf

22. März 2017
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Quelle: © Marco2811 / Foto Dollar Club

Im Arbeitskampf kann das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats eingeschränkt sein. Etwa wenn die Gefahr besteht, dass der Betriebsrat die Arbeitskampfmaßnahme des Arbeitgebers aushebeln will. Überstunden sind als Kampfmaßnahme zu werten, wenn sie räumlich und zeitlich parallel zum Streik angeordnet werden – so das LAG Frankfurt am Main.

BetrVG gilt auch während eines Arbeitskampfes

Grundsätzlich ist das Betriebsverfassungsgesetz auch während eines Arbeitskampfes anzuwenden. Der Betriebsrat bleibt mit allen Rechten und Pflichten im Amt und hat diese neutral wahrzunehmen. Mögliche Einschränkungen bedürfen einer arbeitskampfrechtlichen Begründung.

Einschränkung des Mitbestimmungsrechts

Eine Einschränkung des Mitbestimmungsrechts während eines Arbeitskampfes liegt aber vor, wenn durch die uneingeschränkte Mitbestimmung die ernsthafte Gefahr besteht, dass der Betriebsrat eine dem Arbeitgeber selbst mögliche Arbeitskampfmaßnahme verhindert. Und dadurch zwangsläufig zu dessen Nachteil in das Kampfgeschehen und damit in die Arbeitskampffreiheit eingreift (vgl. BAG 13.12.2011 - 1 ABR 2/10). In diesen Fällen ist das Mitbestimmungsrecht arbeitskampfkonform auszulegen.

Die Anordnung von Mehrarbeit ist als Kampfmaßnahme zu werten, wenn sie sich räumlich und zeitlich mit einer Streikmaßnahme deckt. Denn dann versucht der Arbeitgeber, das mit einem Warnstreik verfolgte Ziel der zeitweisen Stilllegung des Betriebes mit Hilfe arbeitswilliger Arbeitnehmer zu unterlaufen und die Betriebsstörungen zu minimieren.

Gleiche Verhandlungschancen für Tarifvertragsparteien

Es soll sichergestellt werden, dass nicht eine der Tarifvertragsparteien der anderen von vornherein ihren Willen aufzwingen kann, sondern annähernd gleiche Verhandlungschancen bestehen. Allerdings haben Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte des Betriebsrats nur insoweit zurückzustehen, wie deren Ausübung die Kampffähigkeit des Arbeitgebers ernsthaft beeinträchtigt (vgl. BAG 13.12.2011 - 1 ABR 2/10). 

Eine arbeitskampfneutrale Ausübung des Mitbestimmungsrechts ist regelmäßig unmöglich. Eine zustimmende Entscheidung stärkt die Kampfführung des Arbeitgebers und eine Zustimmungsverweigerung letztlich die der Gewerkschaft (vgl. BAG 13.12.2011 - 1 ABR 2/10).

Infolgedessen bedarf der Arbeitgeber, der während eines Streiks in seinem Betrieb für arbeitswillige Arbeitnehmer aus streikbedingten Gründen die betriebliche Arbeitszeit vorübergehend verlängert, nicht der Zustimmung des Betriebsrats (vgl. BAG 10.12.2002 - 1 ABR 7/02). Dies gilt aber nicht für Maßnahmen, die zwar während des Kampfgeschehens getroffen werden, mit der Kampfabwehr aber in keinem Zusammenhang stehen und sich auf das Kampfgeschehen auch nicht auswirken.

Keine Einschränkung der Mitbestimmung bei reiner Streikfolgenkompensation

Arbeitskampfbedingte Beschränkungen der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats greifen aber nicht ein, wenn es sich bei der Anordnung von Überstunden durch den Arbeitgeber um eine reine Streikfolgenkompensation handelt.

Von einer Streikfolgenkompensation kann nur ausgegangen werden, wenn die Streikmaßnahme beendet ist und der Arbeitgeber durch Aufarbeitung des streikbedingten Arbeitsausfalls lediglich reagiert, ohne andere Arbeitnehmer als die Arbeitsplatzinhaber einzusetzen oder sonst den Kampfrahmen zu überschreiten, um zusätzlichen Druck auf die Gewerkschaft auszuüben (vgl. Hessisches LAG, 5 TaBV 196/15).

© bund-verlag.de (ls)

Quelle

LAG Frankfurt/Main (08.09.2016)
Aktenzeichen 5 TaBV 242/15
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