Massenentlassung

Darum sollte der Betriebsrat verhandeln

23. September 2016
Dollarphotoclub_62420717_160503
Quelle: © Marco2811 / Foto Dollar Club

Plant der Arbeitgeber eine Massenentlassung, muss er den Betriebsrat rechtzeitig informieren und sich mit ihm beraten. So das »Konsultationsverfahren« nach § 17 Abs. 2 KSchG. Lässt der Betriebsrat aber keine weitere Verhandlungsbereitschaft erkennen, darf der Arbeitgeber das Konsultationsverfahren als beendet ansehen. Die Massenentlassung ist wirksam – so das BAG.

Die beklagte Arbeitgeberin erbrachte Passagedienstleistungen an Flughäfen. Ihre einzige Auftraggeberin kündigte sämtliche Aufträge zu Ende März 2015. Nach dem Scheitern eines Interessenausgleichs im Dezember 2014 leitete die Beklagte ein Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG ein und entschied Ende Januar 2015, ihren Betrieb zum 31. März 2015 stillzulegen.

Arbeitgeberin erstattet Massenentlassungsanzeige

Nach Erstattung einer Massenentlassungsanzeige (§ 17 Abs. 1 iVm. Abs. 3 KSchG) kündigte sie alle Arbeitsverhältnisse. Die Beklagte entschloss sich, erneut Kündigungen zu erklären, nachdem einige Kündigungsschutzklagen wegen vermeintlicher Mängel im Verfahren nach § 17 KSchG erstinstanzlich erfolgreich gewesen waren. Sie leitete im Juni 2015 ein weiteres Konsultationsverfahren ein und beriet mit dem Betriebsrat über eine mögliche »Wiedereröffnung« des Betriebs. Eine solche kam für sie allenfalls bei einer Absenkung der bisherigen Vergütungen in Betracht.

Betriebsrat ist nicht bereit an Vorschlägen der Arbeitgeberin mitzuwirken

Der Betriebsrat ließ keine Bereitschaft erkennen, an entsprechenden Maßnahmen mitzuwirken. Daraufhin kündigte die Beklagte - nach einer erneuten Massenentlassungsanzeige - die verbliebenen Arbeitsverhältnisse vorsorglich ein zweites Mal. Die Klägerin hat sich fristgerecht gegen beide Kündigungen gewandt und hilfsweise einen Nachteilsausgleich (§ 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG) verlangt. Das Landesarbeitsgericht hat beide Kündigungen für unwirksam erachtet.

BAG: Zweite Kündigung ist wirksam – Konsultationsverfahren wurde durchgeführt

Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesarbeitsgericht nur teilweise Erfolg. Die erste Kündigung ist gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG iVm. § 134 BGB nichtig. Die Beklagte hat in der diesbezüglichen Massenentlassungsanzeige den Stand der Beratungen mit dem Betriebsrat nicht korrekt dargelegt. Hingegen ist die zweite Kündigung wirksam. Die Arbeitgeberin hat das erforderliche Konsultationsverfahren auch unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben ordnungsgemäß durchgeführt. Sie hat dem Betriebsrat alle erforderlichen Auskünfte erteilt, um auf ihren Entschluss, an der Betriebsstilllegung festzuhalten, einwirken zu können.

Betriebsrat wurde ordnungsgemäß über beabsichtigte Betriebsstilllegung unterrichtet

Die beklagte Arbeitgeberin durfte die Verhandlungen als gescheitert ansehen. Da sie seit April 2015 keinen Betrieb mehr unterhielt, hat sie die zweite Massenentlassungsanzeige zu Recht bei der für den Unternehmenssitz zuständigen Agentur für Arbeit erstattet. Die zweite Kündigung war auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Nachteilsausgleich. Die Beklagte hat den Betriebsrat ordnungsgemäß über die beabsichtigte Betriebsstilllegung unterrichtet und nach dem Scheitern ihrer Verhandlungen die Einigungsstelle angerufen. Lesetipp der Online-Redaktion:

Massenentlassung – Verfahrensfehler sind präzise zu rügen

© bund-verlag.de (ls)  

Quelle

BAG (22.09.2016)
Aktenzeichen 2 AZR 276/16
AiB-Banner Viertel Quadratisch - Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

Lieferkette Produktion Transport Logistik supply chain
Lieferkettengesetz - Aktuelles

Europäisches Lieferkettengesetz kommt

Brille Tastatur Computer Bildschirmarbeit
Gesundheitsschutz - Aus den Fachzeitschriften

7 Fragen zur Bildschirmbrille