Darum sollte der Betriebsrat verhandeln
23. September 2016

Arbeitgeberin erstattet Massenentlassungsanzeige
Nach Erstattung einer Massenentlassungsanzeige (§ 17 Abs. 1 iVm. Abs. 3 KSchG) kündigte sie alle Arbeitsverhältnisse. Die Beklagte entschloss sich, erneut Kündigungen zu erklären, nachdem einige Kündigungsschutzklagen wegen vermeintlicher Mängel im Verfahren nach § 17 KSchG erstinstanzlich erfolgreich gewesen waren. Sie leitete im Juni 2015 ein weiteres Konsultationsverfahren ein und beriet mit dem Betriebsrat über eine mögliche »Wiedereröffnung« des Betriebs. Eine solche kam für sie allenfalls bei einer Absenkung der bisherigen Vergütungen in Betracht.Betriebsrat ist nicht bereit an Vorschlägen der Arbeitgeberin mitzuwirken
Der Betriebsrat ließ keine Bereitschaft erkennen, an entsprechenden Maßnahmen mitzuwirken. Daraufhin kündigte die Beklagte - nach einer erneuten Massenentlassungsanzeige - die verbliebenen Arbeitsverhältnisse vorsorglich ein zweites Mal. Die Klägerin hat sich fristgerecht gegen beide Kündigungen gewandt und hilfsweise einen Nachteilsausgleich (§ 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG) verlangt. Das Landesarbeitsgericht hat beide Kündigungen für unwirksam erachtet.BAG: Zweite Kündigung ist wirksam – Konsultationsverfahren wurde durchgeführt
Die Revision der Beklagten hatte vor dem Bundesarbeitsgericht nur teilweise Erfolg. Die erste Kündigung ist gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG iVm. § 134 BGB nichtig. Die Beklagte hat in der diesbezüglichen Massenentlassungsanzeige den Stand der Beratungen mit dem Betriebsrat nicht korrekt dargelegt. Hingegen ist die zweite Kündigung wirksam. Die Arbeitgeberin hat das erforderliche Konsultationsverfahren auch unter Beachtung der unionsrechtlichen Vorgaben ordnungsgemäß durchgeführt. Sie hat dem Betriebsrat alle erforderlichen Auskünfte erteilt, um auf ihren Entschluss, an der Betriebsstilllegung festzuhalten, einwirken zu können.Betriebsrat wurde ordnungsgemäß über beabsichtigte Betriebsstilllegung unterrichtet
Die beklagte Arbeitgeberin durfte die Verhandlungen als gescheitert ansehen. Da sie seit April 2015 keinen Betrieb mehr unterhielt, hat sie die zweite Massenentlassungsanzeige zu Recht bei der für den Unternehmenssitz zuständigen Agentur für Arbeit erstattet. Die zweite Kündigung war auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Nachteilsausgleich. Die Beklagte hat den Betriebsrat ordnungsgemäß über die beabsichtigte Betriebsstilllegung unterrichtet und nach dem Scheitern ihrer Verhandlungen die Einigungsstelle angerufen. Lesetipp der Online-Redaktion:Massenentlassung – Verfahrensfehler sind präzise zu rügen
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BAG (22.09.2016)
Aktenzeichen 2 AZR 276/16
Aktenzeichen 2 AZR 276/16