Arbeitsstättenverordnung

Das müssen Betriebsräte jetzt wissen

08. Dezember 2016
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Quelle: © DOC RABE Media / Foto Dollar Club

Die neue Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) gilt ab sofort. Die alte Bildschirmarbeitsverordnung ist in der ArbStättV aufgegangen. Telearbeit ist dort eng definiert, für sie ist die Gefährdungsbeurteilung nur bei der Ersteinrichtung Pflicht. Insgesamt sind die Vorschriften für die Gefährdungsbeurteilung und die Unterweisung präzisiert worden. Die Zeitschrift   »Gute Arbeit« (GA) stellt das neue Recht in der Ausgabe 12/2016 vor.

Eine zentrale Neuerung der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) 2016 ist die Integration der Bildschirmarbeitsverordnung. Neu ist auch die Aufnahme der Unterweisungspflicht des Arbeitgebers und die Definition des Arbeitsplatzes: Egal wie lange ein Arbeitsplatz genutzt wird, die ArbStättV gilt auch für Arbeitsplätze etwa im Lager, die nur hin und wieder in Gebrauch sind: z.B. für die Beleuchtung und Raumtemperatur. In der Zeitschrift »Gute Arbeit« 12/2016 stellt Regine Rundnagel die Neuerungen der novellierten ArbStättV ausführlich dar (s. »Weitere Informationen« unten).

Telearbeit geregelt, mobile Arbeit nicht

Kritisch aus Arbeitnehmersicht ist zu bewerten: Telearbeit ist sehr eng definiert (§ 2 Abs. 7 ArbStättV), und zwar als vertraglich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geregeltes, fest eingerichtetes Homeoffice im Privatbereich mit vereinbarter Arbeitszeit (Lage und Dauer) und Bereitstellung sowie Installation der Ausstattung. (Nur) dann ist eine erstmalige Gefährdungsbeurteilung nötig – und das auch nur, wenn der Arbeitsplatz in der Privatwohnung von dem im Betrieb abweicht. Die Auslegung der Vorschrift dürfte in den Betrieben für Konfliktstoff sorgen. In Betriebsvereinbarungen können die Gefährdungsbeurteilung und die gesundheitsförderliche Nutzung des Homeoffices daher flankiert werden. Andere Formen der mobilen Arbeit im Auftrag des Arbeitgebers, die immer weiter um sich greifen, wurden ausgeklammert: Stellt der Arbeitgeber den Beschäftigten frei, wann und wo sie arbeiten (mobile Arbeit), sind die Interessenvertretungen gefragt: mit Betriebsvereinbarungen und Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung, Arbeitszeiterfassung, Nichterreichbarkeit, der gesundheitsförderlichen mobilen Arbeit etc. Zumindest das Arbeitsschutzgesetz gilt für diese Tätigkeiten im Auftrag des Arbeitgebers ohne Abstriche.

Neues bei der Gefährdungsbeurteilung

Die Verordnung hat einen kurzen Paragraphenteil: etwa mit der Vorschrift zur Gefährdungsbeurteilung (§ 3 ArbStättV). Explizit sind ab sofort auch psychische Belastungsfaktoren einzubeziehen. Konkret fordert das die ArbStättV für die Faktoren Lärm, schlechte Beleuchtung, räumliche Enge oder durch die Auswirkungen von Arbeitsorganisation und Abläufen usw. Bildschirm, Tastaturen und die Software müssen auch in die Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden, ebenso ist die mögliche Gefährdung des Sehvermögens durch mangelhafte Bedingungen (Beleuchtung, Abstand zum Bildschirm, Ergonomie etc.) zu beurteilen. Das gilt unabhängig davon, ob in der Produktion, im Lager oder im Büro am Bildschirm gearbeitet wird.

  • Praxistipp: Mit Verweis auf neue Vorschriften in der neuen ArbStättV können Interessenvertretungen die Aktualisierung der vollständigen Gefährdungsbeurteilung (inklusive psychischer Belastungen) vom Arbeitgeber einfordern – mit Verweis auf § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Unterweisung wurde präzisiert

Die Unterweisung (§ 6 ArbStättV) der Beschäftigten am Arbeitsplatz hat in der neuen ArbStättV einen höheren Rang. Es wurden Hinweise auf Inhalte, Form und Sprache ergänzt und die Bedeutung der Brandschutzübungen betont. Mindestens einmal im Jahr ist die Unterweisung Pflicht – mit allen Themen zum bestimmungsgemäßen Betreiben der Arbeitsstätte, den nötigen allgemeinen und auf den Arbeitsplatz bezogenen Schutzmaßnahmen. Auch wenn Beschäftigte nicht perfekt Deutsch sprechen, müssen sie die Unterweisung verstehen, ihre Wirksamkeit ist zu prüfen.

Übersicht zum neuen Recht


  • Nichtraucherschutz-Änderungen betreffen Arbeit mit Publikumsverkehr (§ 5 ArbStättV). In Raucherkneipen gilt etwa: Luftabzug oder wechselnde Dienste im Raucher- und im Nichtraucherbereich, das generelle Rauchverbot entfällt hier.
  • Kleiderablage: Sie ist für jeden Beschäftigten Pflicht; die Abschließbarkeit ist nicht vorgeschrieben (nur bei Schutz- oder Dienstkleidung, s. Anhang Nr. 3.3 ArbStättV.

  • Sichtverbindung: Arbeits- und Pausenräume sollen »möglichst« Tageslicht und eine Sichtverbindung nach Außen haben. Das ist nun eine Kann-Vorschrift mit vielen Ausnahmen (Anhang Nr. 3.4 ArbStättV).
  • Bildschirmgeräte: Zeichengröße und Zeilenabstand müssen immer (!) individuell einstellbar sein. Tragbare Bildschirmgeräte mit Touchscreen etc. sollen nur kurzzeitig genutzt werden (Anhang Nr. 6. 1 und 6.2 ArbStättV).
  • Bildschirmpause: Gefordert wird die Unterbrechung der Tätigkeit an Bildschirmgeräten durch andere Tätigkeiten oder regelmäßige Erholzeiten (Anhang Nr. 6.1 Abs. 2 ArbStättV).

Weitere Informationen

Der ausführliche Beitrag von Regine Rundnagel ist in »Gute Arbeit« 12/2016 (S. 26 ff) nachzulesen. Die neue Fassung der ArbStättV unter www.baua.de (Suche: Arbeitsstätten).

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