Arbeitszeit

DGB fordert, Arbeit auf Abruf abzuschaffen

12. Oktober 2016
Uhr_Männchen_55885173
Quelle: © Joachim Wendler / Foto Dollar Club

Das Arbeitszeitmodell »Arbeit auf Abruf« bietet Arbeitgebern höchste Flexibilität. Und die Möglichkeit, das wirtschaftliche Risiko auf die Beschäftigten abzuwälzen. Niedrige Löhne, schwer planbare Freizeit und kaum Rechte sind die Schattenseiten. Der DGB fordert deshalb, die Arbeit auf Abruf zu streichen.

Arbeit auf Abruf

Bei Arbeit auf Abruf handelt es sich um ein Arbeitsverhältnis, in dem der Beschäftigte seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat. D.h. ausschließlich die Vorgesetzten bestimmen, wann sie ihre Mitarbeiter einsetzen. Der Arbeitgeber kann dabei kurzfristig die Lage und teilweise auch das Volumen der von dem Beschäftigten zu erbringenden wöchentlichen Arbeitsleistung festlegen. Rund 13 Prozent der Betriebe mit mehr als 10 Beschäftigten nutzen diese Arbeitszeitform, rund 5 Prozent der Beschäftigten sind davon betroffen. Würde man die  Dunkelziffern mit berücksichtigen, dürfte die Zahl sogar noch höher liegen. Beschäftigte innerhalb der Gastronomie haben das höchste Risiko, auf Abruf zu arbeiten (mindestens 12 Prozent). Männer sind häufiger betroffen als Frauen.

Kein Arbeitsvertrag, keine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit

Die Beschäftigten, die in Arbeit auf Abruf arbeiten, haben oft Probleme, ihre Ansprüche durchzusetzen. Grundsätzlich gilt, dass ein Arbeitsvertrag zwar formlos abgeschlossen werden kann, allerdings muss ein Arbeitnehmer immer über die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich informiert werden. Beschäftigte in Arbeit auf Abruf haben ein erhöhtes Risiko, weder einen schriftlichen Arbeitsvertrag noch eine Information über die wesentlichen Arbeitsbedingungen zu haben. Unter den Beschäftigten in Arbeit auf Abruf haben rund 11 Prozent keine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit.

Information über geplanten Einsatz kommt zu spät

Die gesetzliche Regelung zum Schutz von Arbeitnehmern sieht vor, dass Beschäftigte mit kapazitätsorientierten variablen Arbeitszeiten nur dann zur Arbeitsleistung verpflichtet sind, wenn sie mindestens vier Tage im Voraus über ihre Einsätze informiert werden. In der betrieblichen Praxis sieht das oft anders aus. Aur 27,8 Prozent der Beschäftigten in Arbeit auf Abruf werden tatsächlich mindestens vier Tage im Voraus über ihre Einsätze informiert. Jeder Dritte wird dagegen sogar erst am selben Tag angerufen.

Arbeitnehmerrechte werden unterlaufen

Auch Arbeitnehmerrechte wie Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder an Feiertagen und bezahlter Urlaub können schnell unterlaufen werden. Arbeitgeber können diese Zahlungsverpflichtungen relativ leicht umgehen, indem sie die Arbeit an diesen Tagen einfach nicht abrufen. Die Beweislast liegt hier beim Beschäftigten. D.h. er muss nachweisen, dass der Abruf alleine aus Gründen der Krankheit, des Urlaubs oder eines Feiertages nicht stattgefunden hat.

Schlechtes und nicht planbares Einkommen

Häufig sind Teilzeitkräfte auf dem Papier nur wenige Stunden pro Woche tätig, während die Praxis dann anders aussieht. Das führt im Ergebnis zu schwankenden und damit wenig planbarem Einkommen. Beschäftigte haben dadurch Sorgen, ob sie am Ende des Monats genug verdient haben, um über die Runden zu kommen. Erfolgt Arbeit auf Abruf in Minijobs als alleinige Tätigkeit, ist das Beschäftigungsverhältnis schon deshalb prekär, weil aufgrund des geringen Beschäftigungsumfangs das Gehalt minimal ist und aufgrund der Geringfügigkeit kein Schutz bei Arbeitslosigkeit oder vor Altersarmut aufgebaut werden kann.

Ungewissheit bei der Freizeitplanung

Durch die Ungewissheit bezüglich des nächsten Einsatzes wird die Planbarkeit des Lebensalltags und der Freizeitaktivitäten stark eingeschränkt. Dies belastet das Wohlbefinden der Beschäftigten. Dies gilt umso mehr, wenn die Schutzregelungen der gesetzlichen Vorankündigungsfrist unterlaufen werden. Wer sich faktisch immer für den nächsten Abruf bereithalten muss, steht unter besonderem Stress, Sorgearbeit und Erwerbsarbeit unter einen Hut zu bringen. Einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht das entgegen.

DGB fordert Abschaffung der Arbeit auf Abruf

Das Fazit des DGB: »Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht sind einseitig flexible Arbeitszeitregelungen wie Arbeit auf Abruf abzulehnen.« Um Arbeit auf Abruf seine gesetzliche Grundlage zu entziehen, wäre eine Streichung des § 12 TzBfG notwendig. Zudem braucht es eine Regelung, dass sogenannte Null-Stunden-Verträge unzulässig sind. Solange die Regelung der Arbeit auf Abruf in § 12 TzBfG bestehen bleibt, wäre zumindest eine gesetzliche Klarstellung sinnvoll, dass die tatsächlich geleistete Durchschnittsstundenanzahl als fest vereinbart gilt. Es sind aber auch Fälle denkbar, in denen bspw. aufgrund von stark variierendem Arbeitsvolumen diese Durchschnittsstundenanzahl nicht ermittelt werden kann. Für diese Fälle sollte zum Schutz der Arbeitnehmern eine branchenübliche Vollzeit gelten.

Das können Betriebsräte tun

Gewerkschaften und Betriebsräte können die Arbeit auf Abruf begrenzen, indem Gewerkschaften weiterhin keine Tarifverträge abschließen, die die im § 12 TzBfG gewährten Verschlechterungsmöglichkeiten beinhalten. Und Betriebsräte können für eine Eingrenzung sorgen, indem sie gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG die Zustimmung zur Einführung von Arbeit auf Abruf verweigern bzw. Teilzeitregelungen vereinbaren, die diese Arbeitsform ausschließen. Allerdings ist damit immer noch nicht den Beschäftigten in nichtmitbestimmten Betrieben geholfen.

Mehr lesen:
Laden sie die Studie des DGB »arbeitsmarkt aktuell 6/2016: Arbeit auf Abruf – Arbeitszeitflexibilität zulasten der Beschäftigten« herunter.

Quelle:
PM des DGB vom 26.09.2016, »arbeitsmarkt aktuell 6/2106«

© bund-verlag.de (ls)

AiB-Banner Viertel Quadratisch - Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

Lieferkette Produktion Transport Logistik supply chain
Lieferkettengesetz - Aktuelles

Europäisches Lieferkettengesetz kommt

Brille Tastatur Computer Bildschirmarbeit
Gesundheitsschutz - Aus den Fachzeitschriften

7 Fragen zur Bildschirmbrille