Kündigung

Missbrauch einer dienstlichen Tankkarte: Fristlose Kündigung

02. Oktober 2023
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Quelle: © Matthias Buehner / Foto Dollar Club

Betankt ein Beschäftigter sein privates Auto mit einer für den Dienstwagen überlassenen Tankkarte, kann der Arbeitgeber außerordentlich kündigen, ohne vorher abzumahnen. So eine aktuelle Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen.

Der Beschäftigte hatte als Vertriebsmitarbeiter einen Dienstwagen für Kundenbesuche, den er auch für private Fahrten einsetzen durfte. Nach der Dienstkartenrichtlinie trug der Arbeitgeber die Kosten für das Leasing, die Versicherung, die laufenden Betriebskosten (Kraftstoff, Öl) sowie die Reinigungs- und Wartungskosten. Zum Betanken des Dienstwagens erhielt der Beschäftigte Tankkarten. Der Beschäftigte betankte mit diesen aber nicht nur seinen Dienstwagen, sondern auch seine privaten Fahrzeuge. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin außerordentlich; der Beschäftigte hielt die Kündigung für unwirksam.

Das sagt das Gericht

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gibt dem Arbeitgeber Recht und bestätigt die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung – anders als das Arbeitsgericht Lingen, das in der außerordentlichen Kündigung eine Verletzung des Ultima-Ratio-Prinzips sah: nach dem Arbeitsgericht hätte der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung als milderes Mittel eine Abmahnung aussprechen müssen.  

Doch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung eine Abmahnung entbehrlich war. Der Beschäftigte hat in 38 Fällen die Tankkarten pflichtwidrig entgegen der eindeutigen Regelung der Dienstwagenrichtlinie zum Betanken seiner Privatfahrzeuge benutzt. Aufgrund der Häufigkeit der fehlerhaften Nutzung liegt also kein Flüchtigkeitsfehler oder ein einmaliges Versehen vor. Das Wiederherstellen des für das Arbeitsverhältnis notwendigen Vertrauens konnte durch den Ausspruch einer Abmahnung nicht mehr erwartet werden. Damit wurde das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung wirksam beendet.

Hinweis für die Praxis

Auch vor einer außerordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat hören (§ 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Gründe für die Kündigung mitteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Der Arbeitgeber muss durch die Anhörung den Betriebsrat in die Lage versetzen, sachgerecht – d.h. ggf. zugunsten des Beschäftigten – auf den Arbeitgeber einzuwirken. Der Betriebsrat soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe beurteilen und sich über sie eine eigene Meinung bilden können. Diesen Anforderungen entspricht eine Anhörung, in der der Arbeitgeber detailliert den Sachverhalt darlegt, den er zum Anlass für die außerordentliche Kündigung nehmen will und in der er die Umstände der Kenntniserlangung schildert, eine Bewertung des Sachverhaltes vornimmt und im Rahmen einer Interessenabwägung ausführt, warum er zu dem Entschluss gekommen ist, den Kläger außerordentlich zu kündigen.

Landesarbeitsgericht Niedersachsen 29.3.2023 – 2 Sa 313/22.

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