Mitbestimmungsrechte

Sonderzahlungen: Nachträgliche Verhandlung vor Einigungsstelle

04. Juni 2013

Es besteht keine offensichtliche Unzuständigkeit einer Einigungsstelle, wenn der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht für bereits in der Vergangenheit erbrachte Sonderzahlungen beansprucht. Gleiches gilt für zukünftige Zahlungen, soweit deren abstrakte Ausformung unter die Bedingung ihrer tatsächlichen Leistung seitens der Arbeitgeberin gestellt wird.

Der Fall:
Die Betriebsparteien stritten um die Einsetzung einer Einigungsstelle. Hintergrund war, dass der Betriebsrat bei Einsicht in die Lohn- und Gehaltslisten feststellte, dass in der Vergangenheit einzelne Mitarbeiter Tantiemen und/oder Sonderzahlungen von der Arbeitgeberin erhalten hatten. In diesen Zahlungen erkannte er kollektive Tatbestände, die seine Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 Ziffer 10 BetrVG betreffen würden.

Das Arbeitsgericht setzte eine Einigungsstelle ein; wies den Gegenstand „übertarifliche Einmalzahlungen“ allerdings nicht der Verhandlung vor der Einigungsstelle zu. Da Sonderleistungen und Tantiemen für die Vergangenheit und für die Zukunft nicht verhandelt werden könnten, sei insoweit die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig.

Die Entscheidung:
Das LAG Niedersachen folgte er Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts nicht.

Das Arbeitsgericht selbst hat in diesem Zusammenhang die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (v. 14.06.1994 - 1 ABR 63/93) angesprochen. Die obersten Arbeitsrichter vertreten dort die Rechtsauffassung, ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG könne bei Zuwendungen auch noch nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit getroffen werden. Bei Vorliegen einer höchstrichterlichen Entscheidung kann aber keine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle angenommen werden.

Zwar kann die nachträgliche Verteilung von Sonderzahlungen zu einer Nachschusspflicht der Arbeitgeberin führen. Diese Folge durchbricht aber nicht den Grundsatz, dass der Betriebsrat bei der Festlegung des Dotierungsrahmens nicht mitzubestimmen hat. Das BAG führt in obiger Entscheidung dazu aus: „Ein Mitbestimmungsrecht kann in seinem Bestand und Umfang nicht davon abhängig sein, dass sich der Arbeitgeber betriebsverfassungskonform verhält. Vielmehr hat sich das Verhalten des Arbeitgebers nach den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes und damit auch nach den aus der Beachtung der Mitbestimmungsrechte folgenden Pflichten zu richten“.

Die Richter des LAG haben ein Mitbestimmungsrechte auch dann bejaht, wenn noch offen ist, ob die Arbeitgeberseite übertarifliche Einmalzahlungen auszukehren gedenkt. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Frage der Verteilungsgerechtigkeit von Einmalzahlungen auch in Zukunft stellt. Deshalb ist eine Gestaltung für den Fall, dass die Arbeitgeberin Zahlungen erbringt anhand abstrakt vorgegebener Kriterien auch dann möglich, wenn die Arbeitgeberin gegenwärtig keinerlei Einmalzahlungen beabsichtigt.

Quelle:
LAG Niedersachsen, Beschluss vom 30.04.2013,
Aktenzeichen: 1 TaBV 142/12

Tipp der Online-Redaktion:
» Verfahrensgrundsätze zur Einigungsstelle « von Mallmann in »Arbeitsrecht im Betrieb« 6/2013, S. 364-368.

(c) bund-verlag.de (ts)

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