Integrationsgesetz

Grenzen überwinden durch Fördern und Fordern

02. Juni 2016
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Quelle: © Picture-Factory / Foto Dollar Club

Das Integrationsgesetz ist von den Koalitionsparteien abgesegnet, die Bundeskanzlerin sieht im Entwurf einen Meilenstein. Doch Gewerkschaften und Sozialverbände fürchten, dass die Regelungen eher trennende anstatt verbindende Wirkung haben könnten. Sie pochen auf Nachbesserungen.


Integration per Gesetz – so sieht die aktuelle Lösung der Bundesregierung für die Lenkung der Flüchtlingsströme aus. »Fördern und Fordern«, so lauten die Schlagworte des Entwurfs, den die Regierungsparteien am 25. Mai 2016 abgenickt haben, und über den möglichst bald Bundestag und Bundesrat beschließen sollen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte den vorgelegten Entwurf gar einen »Meilenstein«.

Kritik von Gewerkschaften und Sozialverbänden

Doch die Kritiker des so genannten Integrationsgesetzes bezweifeln, dass sich erfolgreiche Eingliederung gesetzlich verordnen lässt – sie nennen den beschlossenen Gesetzesentwurf ein »Papier des Misstrauens«. In einem »Brandbrief« – so die selbst gewählte Bezeichnung – haben sich mehrere Sozialverbände wie der Paritätische Gesamtverband, Diakonie und Pro Asyl an die Bundesregierung gewandt.

Fehlende Integrationsangebote sind problematisch

Sie seien »in großer Sorge, dass bestimmte geplante Regelungen, wie insbesondere die Einschränkungen bei der Aufenthaltsverfestigung, die Wohnsitzzuweisung sowie die Leistungskürzungen im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes die Partizipation und Teilhabe der Schutzsuchenden an unserer Gesellschaft eher verhindern werden und darüber hinaus mit geltendem Flüchtlings- und Europarecht nicht im Einklang stehen.«

Prof. Dr. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes, sagte: »Der Entwurf gleicht einem Sanktionskatalog und vermittelt den Eindruck, als fehle es an Integrationsbereitschaft bei den Geflüchteten. Das Kernproblem ist jedoch, dass es an ausreichenden Integrationsangeboten fehlt.«

Gewerkschaften: Sorge vor Lohndumping

Ähnlich fällt auch die Kritik der Gewerkschaften an dem Gesetz aus, insbesondere hinsichtlich der Integration ins Arbeitsleben. Vor allem die Sorge, dass Flüchtlinge als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden könnten, treibt die Arbeitnehmervertreter um.

DGB-Chef Reiner Hoffmann sagte in einem Interview mit »EurActiv«, einem Online-Nachrichtenportal zur Europapolitik: »Da gibt es klare Kritik von uns. Vor allem, wenn es um die Ausweitung der Leiharbeit geht. Wir sind gerade dabei, in einem parallel laufenden Gesetzgebungsverfahren den Missbrauch von Leiharbeit zu verhindern. Wir halten das Integrationsgesetz in diesem Punkt für falsch.«

Die Maßnahmen, die jungen Flüchtlingen die Integration in den Arbeitsmarkt und schließlich auch in die Gesellschaft erleichtern sollen, stoßen dagegen auf Zustimmung von der Gewerkschaftsseite. Für junge Geduldete, deren Status während der gesamten Ausbildungszeit erhalten bleibt, bringe das Gesetz beispielsweise bessere Chancen, so DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Dennoch schätzt sie, dass es ist noch ein weiter Weg sein wird, bis die Integration in gute Arbeit und Ausbildung geschafft sein werde. In Qualifizierungs- und Unterstützungsleistungen müsse noch deutlich mehr investiert werden, so die Gewerkschafterin.

Geplante Regelungen

Neben der erwähnten Bleibe-Garantie für Flüchtlinge mit Ausbildungsplatz - und auch für deren Arbeitgeber - sieht der Gesetzentwurf folgende Regelungen vor:

Fördern:


  • 100.000 Minijobs zur Vorbereitung von Flüchtlingen auf den Arbeitsmarkt.
  • Aussetzung der Vorrangprüfung für drei Jahre, um Flüchtlinge insgesamt schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
  • Träger von Integrationskursen werden verpflichtet, ihre Angebote zu veröffentlichen.

Fordern:


  • Leistungskürzungen, wenn Asylbewerber Integrationsmaßnahmen - etwa Sprachkurse - oder Mitwirkungspflichten nicht nachkommen.
  • Mögliche Wohnortzuweisung, um Flüchtlings-Ballungsräume zu vermeiden.
  • Unbefristete Niederlassungserlaubnis setzt voraus, dass Personen als anerkannte Flüchtlinge Integrationsleistungen erbracht haben.

Lesetipp:

Hier finden Sie einen weiteren kompakten Überblick zu den Eckpunkten des Gesetzes: »Große Koalition einigt sich auf Teilhabegesetz« (aib-web.de, 15.04.2016))

Quelle:

»Integration durch Fördern und Fordern« (bundesregierung.de, 25.05.2016)

»Integrationsgesetz sendet falsche Botschaft« (dgb.de, 27.05.2016)

© bund-verlag.de (mst)
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