Berufskrankheit

Beschwerden in der Halswirbelsäule bei Geigenspielern nicht anerkannt

19. Juni 2013

Bei hauptberuflichen Geigenspielern wird eine Erkrankung der Halswirbelsäule nicht als so genannte »Wie-Berufskrankheit« anerkannt, auch wenn sie aus einer typischen Fehlbelastung beim Spielen entstehen kann. Dies entschied das BSG anhand der Klagen von zwei Musikern gegen ihren Unfallversicherungsträger.

Der Fall

Die beiden Kläger waren nach jeweils abgeschlossenem Musikstudium über Jahrzehnte als Berufsgeiger in verschiedenen Orchestern tätig. Da sie an Bandscheibenvorfällen im Bereich der Halswirbelsäule leiden, wurde der Verdacht einer Berufskrankheit (BK) ärztlich angezeigt.

Die zuständigen Unfallversicherungsträger der Kläger, die Unfallkasse Berlin und die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, verweigerten den Klägern aber die Anerkennung ihres Leidens als so genannte »Wie-Berufskrankheit«.

Eine »Wie-Berufskrankheit« liegt vor, wenn die fragliche Erkrankung noch nicht in die Liste der Berufskrankheiten aufgenommen wurde. Nach § 9 Abs 2 SGB VII müssen die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die noch nicht in der BK-Liste bezeichnet ist, nur dann »wie eine Berufskrankheit« anzuerkennen, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung in der BK-Liste erfüllt sind.

Die Vorinstanzen, zuletzt das LSG Berlin-Brandenburg, wiesen die Klagen der Geiger auf Anerkennung einer Berufskrankheit jedoch ab.

Die Entscheidung

Auch das BSG wies die Klagen der beiden Musiker zurück. Zu Recht habe das LSG entschieden, dass diese Erkrankung nicht als Wie-Berufskrankheit anerkannt werden kann. Streicher (Spielerinnen und Spieler von Streichinstrumenten) seien zwar durch die "Schulter-Kinn-Zange" besonderen Einwirkungen in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt.

Allerdings fehle es an den notwendigen gesicherten medizinischen Erkenntnissen, dass eine »Schulter-Kinn-Zange« als Belastung geeignet ist, Beschwerden in der Halswirbelsäule hervorzurufen. Einschlägige Studien lägen nicht vor. Dass einzelne Mediziner eine durch die Fehlbelastung verursachte Krankheit für wahrscheinlich halten, genüge nicht. Vielmehr müsse eine Mehrheit der Sachverständigen auf dem jeweiligen Fachgebiet zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt sein.

Dass entsprechende  Studien bei kleineren Berufsgruppen nicht durchgeführt werden, sei hinzunehmen. Der Gesetzgeber habe gewollt, dass die Versicherungsträger an gesicherte Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft typisierend anknüpft. Im Übrigen habe der Gesetzgeber die Einführung einer Sonderregelung zum Schutze kleiner Berufsgruppen im Berufskrankheitenrecht ausdrücklich abgelehnt.

Quelle:
BSG, Urteile vom 18.6.2013
Aktenzeichen B 2 U 3/12 R und B 2 U 6/12 R
BSG, Pressemitteilung vom 18.6.2013

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