Konfliktbewältigung

Humor kann ein wirkungsvolles Ventil sein

04. Juli 2016
Dollarphotoclub_90222600
Quelle: drubig photo_Dollarphotoclub

Humor kann in Unternehmen helfen, Konflikte nicht überschäumen zu lassen – so der Forscher Stefan Klaußner von der Universität Kassel. Aber wie weit darf Humor im Arbeitsleben gehen? Sollte etwa eine Betriebsversammlung mit einem Sketch beginnen? Das vollständige Interview mit dem Humor-Professor lesen Sie in der »Arbeitsrecht im Betrieb« (AiB) 7-8/2016.

Sie untersuchen, welche Rolle Humor im Arbeitsleben haben kann. Worum geht es da genau?

Humor ist ein beliebtes Mittel, um kritische Themen des Organisationsalltags anzusprechen, wenn das in der »normalen« Kommunikation nicht ohne Weiteres möglich ist. Humor bietet eine (vermeintlich) sichere Rückzugsebene. Denn ich kann ja immer sagen: »Das war doch nur ein Scherz!« Doch bekanntlich steckt in jedem Scherz auch ein Fünkchen Wahrheit und genau das kann ein sehr wichtiger Beitrag zur Selbstreflexion in einer Organisation, also in einem Unternehmen, sein. In meiner Forschung untersuche ich komplexere Formen von Humor. Konkret analysiere ich eine Organisation, in der regelmäßig Theaterstücke aufgeführt werden, die von einem Teil der Belegschaft entwickelt werden. In diesen Theaterstücken wird der Organisationsalltag humorvoll aufgearbeitet. Die Führungsriege erhält damit Rückmeldungen, die sie auf anderen Kanälen nicht bekommen würde.

Sie haben herausgefunden, dass sich mit Humor Eskalationen in betrieblichen Abläufen verhindern lassen. Wie weit darf Humor dabei gehen?

Humor kann ein sehr wirkungsvolles Ventil sein. Besonders in Gruppen ist Humor eine Möglichkeit, Dampf abzulassen. Anschließend kann man sich wieder der eigentlichen Arbeit zuwenden. Problematisch wird es jedoch, wenn sich Zynismus und Sarkasmus verselbstständigen und die Produktivität einer ganzen Abteilung abnimmt. Humor geht oft auch auf Kosten Einzelner und kann damit Ursprung von Konflikten und sogar Mobbing sein. Humor ist kein Allheilmittel; er kann aber sehr entlastend und befreiend wirken und damit einen positiven Beitrag zum Organisationsklima leisten.

Und wie finde ich heraus, ob mein Gegenüber mit meinem Humor entsprechend umgehen kann?

Genau darin liegt die Schwierigkeit. Ein Teil der organisationalen Humorforschung beschäftigt sich mit Humor als Führungswerkzeug (zur Auflockerung oder zur Kommunikation schwieriger Themen etc.). Eine humorvolle Grundhaltung ist sicher nicht schlecht – im Zwischenmenschlichen erfordert sie aber ein gewisses Maß an gegenseitigem Vertrauen. Ansonsten fühlt sich eine Seite schnell veralbert. Besonders heikel ist das in Führungsbeziehungen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trauen sich aufgrund der asymmetrischen Machtverteilung oftmals nicht, ihren Vorgesetzten mitzuteilen, dass sie sie nicht witzig finden. Um solche (kritischen) Rückmeldungen zu ermöglichen, braucht es eine gute gemeinsame Reflexion der Führungsbeziehung. Dadurch entsteht Vertrauen als Fundament humorvoller Kommunikation.

Sie sagen, es kann helfen, Äußerungsformen des Humors in einer Routine zu verankern. Sollte die nächste Betriebsversammlung oder die Mitarbeiterbesprechung mit einem Sketch beginnen?

Nun, das würde ich nicht pauschalisieren. Die konkrete Form des institutionalisierten Humors muss zur Kultur der Organisation passen. Ein Sketch zu Beginn einer Betriebsversammlung kann schnell aufgesetzt wirken und als unangemessen wahrgenommen werden, insbesondere wenn Humor bislang eher in den Kaffeeküchen und den Mittagspausen stattfindet. Wenn sich jedoch aus der Organisation heraus eine Initiative bildet, etwa im Rahmen der Weihnachtsfeier ein kleines Theaterstück aufzuführen, würde ich der Geschäftsführung raten, dies zuzulassen. Denn dieses Theaterstück könnte die Quelle sehr wichtiger Rückmeldungen sein.

Der Interviewpartner:

  

Stefan Klaußner

ist Juniorprofessor für Managementlehre und erforscht Formen der Kommunikaton zwischen Führungsebene und Belegschaft. Mehr Informationen hier.

  

   

Quelle:

»Arbeitsrecht im Betrieb« (AiB) 7-8/2016, Magazin S. 8. Noch kein Abonnent der »Arbeitsrecht im Betrieb« (AiB)? Jetzt zwei Ausgaben kostenfrei testen!

 © bund-verlag.de (ls)

 

AiB-Banner Viertel Quadratisch - Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

Inklusion Familie Rollstuhl Behinderung Gleichstellung Sonnenuntergang Gruppe
Rehabilitation - Aus den Fachzeitschriften

20 Jahre BEM

Dollarphotoclub_82076822
Tarifliche Ausschlussklausel - Rechtsprechung

Inflationsausgleichsprämie während der Altersteilzeit?

KI, Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz - Aus den Fachzeitschriften

KI-basierte Chatbots in der Gremienarbeit