Jetzt auch Migration 4.0

Die Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisenländern lassen die ausländische Bevölkerung in Deutschland ansteigen. Ein Großteil wird dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Die Migranten zeichnen sich nach Angabe des Instituts für Arbeits-und Berufsforschung IAB durch ihr überdurchschnittlich junges Alter und ihre geringe berufliche Qualifikation aus. Ihre Einsatzgebiete werden daher eher im Bereich von Hilfs- und Unterstützungstätigkeiten gesehen. Dort sind zwei Entwicklungen möglich, die aus heutiger Sicht noch offen sind.
Zum einen kann sich dadurch die Automatisierung von einfachen und oft belastenden Tätigkeiten verzögern. Zum anderen ist es aber auch durchaus möglich, dass sich der Einsatz von digitalen Assistenzsystemen wie Datenbrillen beschleunigt, die dazu dienen, Arbeiten qualifikations- und sprachunabhängig zu erledigen. Beides sind Themen, die die betriebliche Interessenvertretung aufhorchen lassen sollten.Interessenvertretung unter Druck
Inwieweit die Zunahme von (zunächst) geringqualifizierten Migranten die digitale Transformation eher bremst oder beschleunigt, bleibt abzuwarten und wird letztlich einer kapitalistischen Logik folgen. Solange menschliche Arbeitskraft bei Einfachtätigkeiten auf lange Sicht noch billiger bleibt, als hohe Investitionen in eine digitalisierte Arbeits- und vollautomatisierte Prozessumgebung, wird sie die Digitalisierungsprozesse in diesem Bereich eher hemmen.Zeigt sich jedoch, dass Unterstützungssysteme den Zugriff auf Arbeitskräfte mit weniger geschützten Arbeitsverhältnissen - kein Betriebsrat, keine Tarifbindung - ermöglichen und zudem Flüchtlinge sich der entmündigenden Dominanz von Assistenzsystemen schneller unterordnen als einheimische Arbeitskräfte, ist eine Beschleunigung der Digitalisierung in diesem Arbeitsbereich zu erwarten.
Mehr lesen bei: Sandra Siebenhüter, Migration 4.0, in: CuA 6/2016, 18 ff.Noch kein Abonnent der »Computer und Arbeit« (CuA)? Jetzt zwei Ausgaben kostenfrei testen!
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