Verhaltensbedingte Kündigung

Körperlicher Angriff rechtfertigt fristlose Kündigung

21. März 2014

Körperliche Angriffe auf Vorgesetzte oder Arbeitskollegen rechtfertigen regelmäßig eine verhaltensbedingte Kündigung. Dies entschied das LAG Rheinland-Pfalz im Falle eines krankgeschriebenen Arbeitnehmers, der seinen Vorgesetzten zu Boden gedrückt hatte, nachdem dieser ihn an an einer Autowaschanlage fotografiert hatte.

Der Fall

An einem Samstag traf der Vorgesetzte den klagenden Arbeitnehmer zufällig an einer Waschanlage. Der Arbeitnehmer reinigte gemeinsam mit seinem Vater ein Kraftfahrzeug und schlug dabei Fußmatten mit Schwung gegen ein Metallgitter, um diese auszuklopfen.

Der Vorgesetzte war über die körperliche Verfassung des zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig krankgeschriebenen Arbeitnehmers erstaunt und fotografierte diesen mit seiner Handykamera, um seine Beobachtungen zu dokumentieren.

Daraufhin kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen dem Arbeitnehmer, dessen Vater und dem Vorgesetzten. Der Arbeitnehmer drückte seinen Vorgesetzten dabei zu Boden, so dass dieser hinfiel. Das Arbeitsverhältnis wurde wegen des Vorfalls gekündigt.

Die Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) bestätigte die Wirksamkeit der Kündigung. Tätliche Angriffe auf einen Vorgesetzten oder einen Arbeitskollegen stellen eine schwerwiegende Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten dar. Als solche sind sie an sich geeignet eine ordentliche verhaltensbedingte, sowie eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Keine Abmahnung erforderlich
Bei schweren Tätlichkeiten gegenüber einem Vorgesetzten bedarf es vor dem Ausspruch der Kündigung keiner Abmahnung. Auch eine Wiederholungsgefahr muss nicht begründet werden. Denn der Arbeitnehmer weiß in solch einem Fall von vornherein, dass der Arbeitgeber ein derartiges Fehlverhalten nicht tolerieren wird. Schon ein einmaliger Vorfall kann daher einen wichtigen Grund für eine Kündigung darstellen.

Kein Rechtfertigungsgrund gegeben
Der Arbeitnehmer kann sich nicht auf Notwehr berufen. Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden (§ 32 Abs. 2 StGB, § 227 Abs. 2 BGB).  Hier handelte der Vorgesetzte jedoch nicht rechtswidrig, als er den krankgeschriebenen Arbeitnehmer an der Waschanlage fotografierte.

Da der Arbeitnehmer auf ihn einen körperlich gesunden Eindruck machte, wollte er lediglich dessen Aktivitäten zu Beweiszwecken dokumentieren. Es bestand der Verdacht, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht hatte. Auch eine vom Arbeitnehmer angeführte Rechtfertigung aufgrund von Nothilfe für seinen Vater kommt nicht in Betracht.

Für einen Angriff des Vorgesetzten gegen den Vater gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wollten der Arbeitnehmer und sein Vater den Vorgesetzten mit Gewalt daran hindern, weitere Fotos zu machen.

Interessenabwägung zu Lasten des Arbeitnehmers
Die notwendige Interessenabwägung geht hier zu Lasten des Arbeitnehmers. Bei einem derart schwerwiegenden Fehlverhalten des Arbeitnehmers kann dem Arbeitgeber eine weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer nicht mehr zugemutet werden.

Für den Arbeitnehmer war klar zu erkennen, dass er mit einem derartigen Verhalten seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt. Die Fotos wurden in einer Waschanlage und damit einem öffentlich zugänglichen Raum aufgenommen und stellen daher auch keinen schwerwiegenden Eingriff in Persönlichkeitsrechte dar.

Quelle
LAG Rheinland Pfalz, Urteil vom 30.01.2014
Aktenzeichen: 5 Sa 433/13

© bund-verlag.de (ls)

Lesetipp der Online-Redaktion:
»Verhaltensbedingte Kündigung wegen Tätlichkeit: Anmerkung zu BAG, Urteil vom 06.10.2005 − 2 AZR 280/04« von Prof. Dr. Udo R. Mayer in ››Arbeitsrecht im Betrieb‹‹ 7/2006, S. 454–456.

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