Kranke müssen nicht zum Personalgespräch
Der Arbeitgeber war der Ansicht, dass eine für drei Monate krankgeschriebene Mitarbeiterin sehr wohl in der Lage sein müsse, an Personalgesprächen teilzunehmen. In einem Schreiben an die Mitarbeiterin heißt es: »In diesem Zusammenhang erlauben wir uns die Anmerkung, dass Sie vielleicht arbeitsunfähig erkrankt sein mögen, aber doch sehr wohl in der Lage sind, mit uns als Arbeitgeber zu sprechen. Im Rahmen des Personalgesprächs verlangen wir von Ihnen ja auch keine Arbeitsleistung, sondern lediglich die Teilnahme an einem Gespräch, zu der Sie arbeitsrechtlich auch verpflichtet sind.«
Abmahnungen und Kündigung sind unwirksam
Weil die Mitarbeiterin zu mehreren Gesprächen nicht erschienen war, mahnte der Arbeitgeber sie mehrmals ab und kündigte schließlich am 20.03.2013 ordentlich zum 31.05.2013. Dagegen erhob die Frau erfolgreich Kündigungsschutzklage.
Das LAG Nürnberg stellt klar, dass die krankgeschriebene Mitarbeiterin nicht verpflichtet war, an den angeordneten Personalgesprächen teilzunehmen. Zwar sei der Arbeitgeber jederzeit berechtigt, Weisungen auszusprechen (auch formlos), die das Arbeitsverhältnis und die vertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers betreffen.
Keine Anwesenheitspflicht im Krankheitsfall
Ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, kommen Weisungen bezüglich seiner Arbeitsleistung allerdings gerade nicht in Betracht, da der erkrankte Arbeitnehmer von der Erbringung der Arbeitsleistung befreit ist, so das LAG.
Da auch arbeitsvertragliche Nebenpflichten lediglich die Funktion hätten, den Arbeitsvertrag ordnungsgemäß zu erfüllen, könne die Bereitschaft eines arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers, diesbezügliche Weisungen in einem Personalgespräch entgegen zu nehmen, vom Arbeitgeber nicht verpflichtend gefordert werden.
Sonderfall: dringender Gesprächsbedarf
Einzige Ausnahme - so ist es aus den Urteilsgründen herauszulesen - könnte ein dringender, unaufschiebbarer Gesprächsbedarf sein. Das hatte der Arbeitgeber in diesem Fall allerdings nicht dargelegt.
Quelle:
LAG Nürnberg, Urteil vom 1.9.2015
Aktenzeichen: 7 Sa 592/14
Rechtsprechungsdatenbank des LAG Nürnberg
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