Mindestlohn und Sonderzahlungen
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte über zwei Fragen zu entscheiden: Erstens über die Anrechnung von Sonderzahlungen auf den gesetzlichen Mindestlohn und zweitens über die Berechnungsgrundlage für vereinbarte Zuschläge.
Der Entscheidung zugrunde liegt ein arbeitsvertraglich vereinbarter Stundenlohn von weniger als 8,50 Euro brutto pro Stunde. Mit der Klägerin und vielen weiteren Beschäftigten desselben Betriebs ist im Arbeitsvertrag eine Sonderzahlung zweimal jährlich in Höhe eines halben Monatslohnes vereinbart. Sie wird allein abhängig vom Bestehen der Beschäftigung im jeweiligen Jahr gezahlt.
Dazu haben die Arbeitgeberin und der im Betrieb bestehende Betriebsrat vereinbart, diese Sonderzahlungen auf alle zwölf Monate zu verteilen, d.h. jeden Monat ein Zwölftel der Sonderzahlung auszuzahlen. Mit dieser zusätzlichen anteiligen Sonderzahlung ergibt sich ein Stundenlohn der Klägerin von mehr als 8,50 Euro.
Daneben sind arbeitsvertraglich Überstunden-, Sonn- und Feiertags- sowie Nachtzuschläge vorgesehen, die die Arbeitgeberin weiterhin auf der Grundlage des vereinbarten Stundenlohnes von weniger als 8,50 Euro berechnet.
Hiergegen hat sich die Klägerin gewandt und geltend gemacht, ihr stünden die Sonderzahlungen weiter zusätzlich zu einem Stundenlohn von 8,50 Euro zu. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro sei auch der Berechnung der Zuschläge zugrunde zu legen.
Dem ist das Landesarbeitsgericht (LAG) – unter Hinweis auf die Bedeutung der im Einzelfall getroffenen Vereinbarungen – nur bezüglich der Nachtarbeitszuschläge gefolgt. Bei den Sonderzahlungen handle es sich im vorliegenden Fall um Arbeitsentgelt für die normale Arbeitsleistung der Klägerin, weshalb eine Anrechnung auf den gesetzlichen Mindestlohn möglich sei. Die Betriebsvereinbarung, die die Fälligkeit der Sonderleistungen zu einem Zwölftel auf jeden Monat verschiebe, sei wirksam und verstoße nicht gegen den Arbeitsvertrag der Klägerin.
Die vertraglich geregelten Mehrarbeits-, Sonntags- und Feiertagszuschläge habe die Arbeitgeberin zulässig auf der Basis der vereinbarten vertraglichen Vergütung berechnet. Dagegen seien die Nacharbeitszuschläge auf der Basis des Mindestlohns von 8,50 Euro zu berechnen, weil § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz einen angemessenen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer „zustehende Bruttoarbeitsentgelt“ vorschreibe.
Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien die vom Landesarbeitsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen zugelassene Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt werden.
Quelle:
LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.1.2016
Aktenzeichen: 19 Sa 1851/15
PM des LAG Berlin-Brandenburg Nr. 6/16 vom 27.1.2016
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