Kündigung

Mitarbeiter muss Willkür beweisen

06. Januar 2016

Begründet ein Arbeitnehmer seine Kündigungsschutzklage unter anderem damit, dass der Arbeitgeber ihn wegen der Forderung nach Überstundenvergütung entlassen habe, muss er diese Behauptung beweisen. Das zeigt eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz.

Der Mitarbeiter einer Vermittlung von Ferienappartements hatte Anfang 2014 seine Kündigung erhalten und vermutete, diese beruhe auf willkürlichen und sachfremden Motiven. Die Entlassung sei erfolgt, weil er im September 2013 Überstundenvergütung verlangt habe.

Kein Verstoß gegen Treu und Glauben

Das LAG in Mainz folgte dieser Argumentation nicht: Der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung des Kündigungsrechts scheide aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt, so das Gericht.

Der Kläger habe sinngemäß geltend gemacht, es liege eine bloße Austauschkündigung vor, indem er durch einen neuen Mitarbeiter ersetzt worden sei. Dieses Fehlverhalten seitens des Arbeitgebers, der die Kündigung mit einer betrieblichen Neustrukturierung begründet hatte, konnte er aber nicht beweisen:

»Der Kläger hat keinerlei Tatsachen vorgetragen, aus denen sich die Unrichtigkeit des Beklagtenvorbringens, insbesondere die Nichtdurchführung der behaupteten Neuverteilung der Aufgabenbereiche ergeben könnte. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass die streitbefangene Kündigung gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt.«

Maßregelungsverbot nicht verletzt

Auch dürften Arbeitgeber einen Mitarbeiter bei einer Vereinbarung oder Maßnahme nicht deshalb benachteiligen, weil dieser seine Rechte ausübe. Das Maßregelungsverbot (§ 612a BGB) sei aber nur dann verletzt, wenn zwischen Benachteiligung und Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang bestehe, so die Richter. Die Forderung nach Bezahlung der Überstunden muss also der entscheidende Grund für die Kündigung gewesen sein. Beweisen muss das der gekündigte Mitarbeiter.

Das Gericht konnte in diesem Fall keinen Zusammenhang herstellen. Zwischen der Forderung nach Bezahlung der Überstunden im September und der Kündigung wären nahezu drei Monate vergangen – das sei kein enger zeitlicher Zusammenhang. Auch ansonsten gebe es keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass diese Forderung das wesentliche Motiv für die Kündigung gebildet habe.

Überstunden muss Arbeitgeber nicht zahlen

Auch die vom Mitarbeiter verlangte Überstundenvergütung bewilligte das LAG nicht. Zum einen habe es an einem entsprechenden Sachvortrag zu den Überstunden gefehlt, um den Anspruch prozessual geltend zu machen. Darüber hinaus habe der Kläger nicht ausreichend aufgezeigt, dass die behaupteten Überstunden angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erbringung der geschuldeten Arbeit erforderlich waren. »Für eine ausdrückliche Anordnung von Überstunden, muss der Arbeitnehmer vortragen, wer wann auf welche Weise wie viele Überstunden angeordnet hat.«

Quelle:

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. April 2015
Aktenzeichen 4 Sa 577/14
Landesrechtsprechungsdatenbank Rheinland-Pfalz

© bund-verlag.de (mst)

Lesetipp der Online-Redaktion:

»Überstunden und kein Ende« von Marc-Oliver Schulze und Corinna Schreck in »Arbeitsrecht im Betrieb« 7-8/2013, S. 427 - 430.

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