Fristlose Kündigung

Handgreiflichkeiten unter Kollegen

16. Dezember 2015

Eine geringfügige Tätlichkeit muss nicht zwangsläufig zur fristlosen Kündigung führen. Es kommt immer auf die Schwere und Intensität des Angriffs an – so das LAG Hamm. Im zu entscheidenden Fall war es zu Streit zwischen zwei Beschäftigten gekommen, wobei ein Ersatzmitglied des Betriebsrats seinen Kollegen am Kragen gepackt haben soll.

Ein Kraftfahrer hatte die Anweisung nicht befolgt, ein Rolltor zum Lager nach 22 Uhr abzuschließen. Ein Kollege wollte ihn daher zur Rede stellen. Dabei kam es zu einer Handgreiflichkeit, der Kraftfahrer soll seinen Kollegen am Kragen gepackt haben. Als der Vorfall herauskam, flatterte dem Lkw-Fahrer die Kündigung ins Haus. Er war bereits vorher wegen aggressiven Verhaltens und Unpünktlichkeit abgemahnt worden.

Streit unter Kollegen nicht hinnehmbar

Das Landesarbeitsgericht Hamm erklärte die fristlose Kündigung für unwirksam. Grundsätzlich stellen Handgreiflichkeiten unter Kollegen zwar einen Kündigungsgrund dar. 

Im Einzelfall hänge es aber von der Schwere des Pflichtverstoßes ab, also von der Intensität und den Folgen eines tätlichen Angriffs, ob die schwerste arbeitsrechtliche Sanktion einer fristlosen Kündigung gerechtfertigt ist oder nur der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung oder gar nur einer Abmahnung (vgl. dazu auch die kürzlich ergangene Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz »Angriff auf Kollegin kostet den Job« ).

Tätlichkeit zu gering

Der Angriff sei im Verhältnis zu anderen denkbaren Tätlichkeiten wenig intensiv abgelaufen, urteilte das Gericht. Dem Kläger kam zugute, dass er bereits dreieinhalb Jahre angestellt und seiner Frau und zwei Kindern unterhaltspflichtig ist - unter diesen Voraussetzungen erschien eine fristlose Kündigung zu hart. Die Abmahnungen waren für die hier vorliegende fristlose Kündigung ebenfalls irrelevant, obwohl sie sich auf einen ähnlichen Vorfall stützten. Dennoch hätte beides zusammen höchstens für eine ordentliche Kündigung gereicht.

BR-Zugehörigkeit darf kein Nachteil sein

Interessant: zum Zeitpunkt des Vorfalls war der Kraftfahrer Ersatzmitglied des Betriebsrats und daher nicht ordentlich kündbar. Daraus dürfte sich für ihn allerdings kein Nachteil insofern ergeben, dass der Arbeitgeber stattdessen eine fristlose Kündigung ausspricht, entscheid das LAG Hamm.

Quelle:

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 14.08.2015
Aktenzeichen: 13 Sa 576/15
Landesrechtsprechungsdatenbank Nordrhein-Westfalen

© bund-verlag.de (mst)

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