Akteneinsicht

Recht auf Einsicht in die Personalakte ist nicht übertragbar

29. August 2014

Nur der Arbeitnehmer selbst hat das Recht, seine Personalakte einzusehen. Dieses Recht kann er grundsätzlich nicht auf Dritte übertragen, auch nicht auf einen Rechtsanwalt oder Gewerkschaftssekretär. Etwas anderes gilt nur, wenn der Arbeitnehmer längere Zeit krank oder verhindert ist.

Der beklagte Arbeitgeber betreibt mehrere Lebensmittelgeschäfte im Einzelhandel. Die 53jährige Klägerin ist bei ihm seit 1989 als Fleischereifachverkäuferin beschäftigt, zuletzt zu einem Monatsgehalt von € 1.600,00 brutto. Die Arbeitnehmerin hatte wegen Kundenbeschwerden im Jahr 2009 und im Jahr 2012 jeweils eine Abmahnung von ihrem Arbeitgeber erhalten. Gegen diese setzte sie sich gerichtlich zur Wehr.

Das Arbeitsgericht (ArbG) Elmshorn entschied mit Urteil vom 17.10.2013, dass der Arbeitgeber die Abmahnungen aus der Personalakte entfernen muss. Das ArbG entschied weiterhin, dass die Klägerin gemäß § 83 BetrVG Anspruch auf Einsichtnahme in ihre Personalakte nehmen oder dies ihrem Prozessbevollmächtigten, d. h. ihrem Rechtsanwalt oder Rechtssekretär übertragen kann.

LAG: Akteneinsicht nicht auf Bevollmächtigte übertragbar

In der Berufung entschied das LAG Schleswig-Holstein in dieser Frage anders: Die Klägerin habe gegenüber der Beklagten keinen Anspruch darauf, dass ihr Prozessbevollmächtigter für sie Einsicht in ihre Personalakte nimmt. Das Recht auf Einsicht in die Personalakte stehe nur dem Arbeitnehmer persönlich zu.

In Betrieben mit Betriebsrat ist die Anspruchsgrundlage dafür § 83 BetrVG in Betrieben ohne Betriebsrat und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich das gleiche Recht aus § 241 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 2 GG, Art. 1 GG. 

Gericht legt den Gesetzeswortlaut eng aus

Dass der Arbeitnehmer sein Einsichtsrecht grundsätzlich nicht auf Rechtsanwälte oder andere Bevollmächtigte übertragen kann, ergebe sich schon aus dem Wortlaut des § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und vor allem aus der Systematik der § 83 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG. Der Satz 2 bestimme, dass der Arbeitnehmer ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen kann, wenn er Einsicht in seine Akte nimmt. »Hinzuziehen« bedeutet, dass nur gemeinsam Einsicht genommen werden darf. Aus der Bestimmung folge im Umkehrschluss, dass der Arbeitgeber nicht auch noch anderen Dritten, sei es gemeinsam mit dem Arbeitnehmer oder nicht - Einsicht gewähren muss. 

Ausnahmen nur bei Krankheit und Verhinderung

Nur im Ausnahmefall könne etwas anderes gelten, wenn der Arbeitnehmer selbst über einen längeren Zeitraum verhindert ist, sein Akteneinsichtsrecht höchstpersönlich wahrzunehmen, z. B. während einer langanhaltenden Erkrankung oder einem längren Auslandseinsatz. Dann könne der Arbeitgeber unter vertraglichen Fürsorgegesichtspunkten verpflichtet sein, auch einem konkret bevollmächtigten Dritten die Einsichtnahme zu erlauben.

Sonderfall Öffentlicher Dienst

Die rechtliche Bewertung ändere sich auch nicht dadurch, dass die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (TVöD und TV-L) ausdrücklich ein Einsichtsrecht in die Personalakte durch Bevollmächtigte regeln (§ 3 Abs. 5 Satz 2 TVöD, § 3 Abs. 6 Satz 2 TV). Das LAG folgert, einer solchen ausdrücklichen Erweiterung des höchstpersönlichen Einsichtsrechts bedürfte es nicht, wenn der öffentliche Arbeitgeber aufgrund der vertraglichen Nebenpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet wäre, jedem Bevollmächtigten des Arbeitnehmers Einsicht in die Personalakte zu geben:

Quelle:
LAG Schleswig-Holstein Urteil vom 17.4.2014,
Aktenzeichen 5 Sa 385/13

© bund-verlag.de (ck)

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