Arbeitszeit

So lassen sich Arbeit und Privatleben vereinbaren

19. Februar 2016

Dauer und Lage der Arbeitszeit sind entscheidende Faktoren für eine gute Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben. Aber wann ist ein Wechsel von Voll- in Teilzeit überhaupt durchsetzbar? Und welche Möglichkeiten gibt es, wenn das Kind oder ein naher Angehöriger plötzlich erkrankt? Wir haben für Sie die Antworten aus dem Handbuch Arbeitszeit.

Hier ein Auszug aus dem Handbuch Arbeitszeit von Hartmut Meine und Hilde Wagner (Hrsg.):

Fragen aus der Praxis:

Aus privaten Gründen würde ich gerne von Vollzeit in Teilzeit wechseln. Mein Arbeitgeber weigert sich, meinem Interesse nachzukommen. Ist das statthaft?

Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (§ 8 TzBfG) können Beschäftigte in
Betrieben mit mehr als 15 Beschäftigten, die länger als 6 Monate im Betrieb
gearbeitet haben, verlangen, dass ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit verringert
wird. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, mit dem Beschäftigten die
gewünschte Verringerung der Arbeitszeit zu erörtern. Er hat dem Wunsch
auf Verringerung der Arbeitszeit grundsätzlich nachzukommen, soweit »betriebliche
Gründe dem nicht entgegenstehen«.

Auch in den Manteltarifverträgen findet sich die Bestimmung, dass den Wünschen der Beschäftigten nach Teilzeit im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten zu entsprechen ist (vgl. Kapitel 9.3.3).

Ich möchte meine Teilzeitbeschäftigung wieder beenden und in eine Vollzeitbeschäftigung zurückkehren. Auf welche Rechte kann ich mich dabei berufen?

Besteht der Wunsch, von Teilzeitarbeit in Vollzeit zu wechseln, regelt das
Teilzeit- und Befristungsgesetz (§ 9 TzBfG), dass der Arbeitgeber bei der
Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes bei gleicher Eignung
den betroffenen Beschäftigten bevorzugt zu berücksichtigen hat, es sei denn,
dass dringende betriebliche Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer Teilzeitbeschäftigter
dem entgegenstehen.

Auch die regionalen Manteltarifverträge sehen vor, dass der Übergang in Vollzeit grundsätzlich zu ermöglichen ist, »wenn es betrieblich am gleichen Arbeitsplatz zu anderen Arbeitszeiten oder
an einem anderen Arbeitsplatz möglich ist.« (§ 2 Ziff. 2 MTV Rheinland-Pfalz)

Wenn mein Kind plötzlich krank wird, welche Möglichkeiten, Rechte und Ansprüche habe ich dann, um von der Arbeit fern bleiben zu können?

Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen (§ 45 SGB V) kann bei einer ärztlich
attestierten Erkrankung von Kindern auch kurzfristig eine Freistellung von der
Arbeit beantragt werden. Wenn also morgens vor Arbeitsbeginn die Krankheit
eines Kindes festgestellt wird, besteht das Recht, nach Information des Arbeitgebers,
der Arbeit fern zu bleiben.

Für diese Zeit besteht allerdings kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, sondern lediglich auf Krankengeld, das von der jeweiligen Krankenkasse ausgezahlt wird. Der Anspruch auf Krankengeld besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für 10 Arbeitstage.
Teilweise ergänzen die regionalen Manteltarifverträge diese gesetzlichen
Bestimmungen (vgl. Kapitel 9.3.4).

Ich benötige Zeit für die häusliche Pflege meiner Mutter. Welche Anspruchsgrundlagen gibt es dafür?

Wenn der Bedarf für die häusliche Pflege über eine akute Pflegesituation , die
im Rahmen von 10 Tagen zu bewältigen ist, hinausgeht, gibt es mit dem Pflegezeitgesetz einen Rechtsanspruch auf vollständige oder teilweise Freistellung von bis zu 6 Monaten. Dieser Anspruch besteht gegenüber Arbeitgebern mit mehr als 15 Beschäftigten. Für die Zeit der Freistellung kann ein zinsloses Darlehen, das allerdings nur einen Teil des Verdienstausfalls abdeckt, beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt
werden.

In der Pflegezeit kann auch in Teilzeit gearbeitet werden, darüber ist mit dem Arbeitgeber dann eine schriftliche Vereinbarung abzuschließen. Im unmittelbaren Anschluss an die 6 Monate Pflegezeit (nach dem PflegeZG) kann die häusliche Pflege auf Basis des Familienpflegezeitgesetzes (FPfZG) fortgesetzt werden. Die Zeiten der Inanspruchnahme der Pflegezeit und der Familienpflegezeit werden jedoch zusammengerechnet, so dass eine Freistellung in der Summe maximal 24 Monate betragen kann.

Die zweite Phase der Freistellung ist allerdings an die Bedingung geknüpft, dass neben der Pflege bzw. Betreuung im Umfang von mindestens 15 Wochenstunden weiter gearbeitet
wird. Für die Zeit der Teilfreistellung kann ebenfalls ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden, das auch in diesem Fall nur einen Teil des Verdienstausfalls abfedert. Für beide Phasen der Freistellung ist die Zustimmung des Arbeitgebers nicht notwendig, allerdings müssen die jeweils geltenden Ankündigungsfristen
beachtet werden.

Daneben besteht als neuer Freistellungstatbestand ein Anspruch auf vollständige
oder teilweise Freistellung von bis zu drei Monaten für die Begleitung naher Angehöriger in der letzten Lebensphase ( Freistellung zur Sterbebegleitung ). Durch ein ärztliches Zeugnis ist dabei nachzuweisen, dass eine entsprechende Krankheit, die weit fortgeschritten und unheilbar ist, vorliegt. Die betrieblichen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Anspruchs entsprechen denen der Pflegezeit.

Mehr zum Dauer-Thema Arbeitszeit lesen Sie hier:

Hartmut Meine, Hilde Wagner (Hrsg.)

Handbuch Arbeitszeit
Manteltarifverträge im Betrieb

2. Aufl. 2016, Bund-Verlag, 408 Seiten
ISBN: 978-3-7663-6499-9

Ladenpreis: € 39,90

© bund-verlag.de (ls)

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