Sozialplan darf Schwerbehinderte nicht benachteiligen

Im Dezember 2014 schloss nach 52 Jahren das Pkw-Werk des Autoherstellers Opel in Bochum. Für die betroffenen Beschäftigten wurde ein Sozialtarifvertrag geschlossen, der Abfindungen vorsah. In der Berechnungsformel wurde Beschäftigten mit einer Schwerbehinderung wegen der Möglichkeit des früheren Rentenbeginns eine geringere Abfindung zugestanden.
ArbG Bochum erkannte höhere Abfindungen zu
Die betroffenen Mitarbeiter hatten deswegen zum Teil Klage erhoben und eine Berechnung der Abfindungen gefordert, die nicht nach der Schwerbehinderung differenziert. Das Arbeitsgericht (ArbG) Bochum hatte den jeweiligen Klägern im Herbst 2015 Abfindungen in der Höhe zugesprochen, wie sie sich ohne Berücksichtigung der Schwerbehinderung ergeben hätten. Im Übrigen wurde der Sozialtarifvertrag für wirksam erachteten. Damit stiegen die individuellen Abfindungsleistungen teils um mittlere fünfstellige Beträge (Nachweis s.u.).
LAG Hamm bestätigt die Bochumer Urteile
Die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm hat am 2.06.2016 über die ersten neun von insgesamt rund 60 Berufungsverfahren entschieden. Die von der Adam Opel AG gegen die Urteile des ArbG Bochum eingelegte Berufung blieb in allen ohne Erfolg.
In der mündlichen Urteilsbegründung ließ die Kammer erkennen, dass sie in der Berechnung der Abfindungshöhe unter Berücksichtigung der vorzeitigen Rentenbezugsmöglichkeit für schwerbehinderte Beschäftigte eine unzulässige mittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung sieht. Diese sei sachlich nicht gerechtfertigt.Benachteiligung von Schwerbehinderten nicht gerechtfertigt
Die Kläger könnten daher – wie vom ArbG Bochum entschieden – eine Anpassung der Abfindung nach oben verlangen. Das Gesamtvolumen des Sozialtarifvertrages von rund 550 Mio. € werde durch die Anpassung der Abfindungsbeträge für schwerbehinderte Beschäftigte zwar um rund 17 Mio. Euro überschritten.
Opel AG muss Anpassung nach oben hinnehmen
Dies stelle sich jedoch in der Relation noch als hinnehmbare Erhöhung dar. Die 11. Kammer des LAG Hamm sieht sich – so ihr Vorsitzender in seinen Ausführungen – mit dieser Entscheidung auf der Linie des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - C – 152/11, Rechtssache Odar) und des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 17.11.2015 – 1 AZR 938/13), deren dortige Erwägungen in Teilen übertragen werden könnten.
Entscheidung des BAG zu erwarten
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens hat das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in allen Fällen ausdrücklich zugelassen.
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