Wegeunfall

Unfallschutz auch auf Umwegen

03. September 2015

Beschäftigte sind auf dem Weg von und zur Arbeit gesetzlich unfallversichert. Das gilt auch dann, wenn sie vom Weg falsch abbiegen. Voraussetzung ist aber, dass der Arbeitnehmer am Fahrziel festhält und der Umweg den Arbeitsweg nur unwesentlich verlängert – so das Hessische Landessozialgericht.

Versicherungsschutz auf dem Weg von und zur Arbeit

Erforderlich für den Versicherungsschutz ist ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem unfallbringenden Weg und der versicherten Tätigkeit. Biegt der Versicherte vom unmittelbaren Weg falsch ab, so ist dies unschädlich, solange er am Fahrziel festhält und den Weg zur oder von der Arbeit durch den (verkehrsbedingten) Abweg nur unwesentlich verlängert.

Schwere Verletzung wegen verkehrswidrigem Wendemanöver

Ein als Lagerist im Fachgroßhandel in Eschborn tätiger Mann wurde im Januar 2011 aushilfeweise in einem Lager in der Nähe von Mainz eingesetzt. Seinen Dienst sollte der in Frankfurt am Main wohnende Mann um 17:45 Uhr beginnen. Gegen 17:15 Uhr verunglückte er infolge eines verkehrswidrigen Wendemanövers auf einer vierspurigen Bundesstraße. Der Unfallort befindet sich nicht auf dem unmittelbaren Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstelle.

Bei dem Unfall wurde der Mann schwer verletzt, erlitt ein Schädelhirntrauma und lag 2 Wochen im Koma. Im November 2011 wurde er wieder stufenweise in sein Arbeitsverhältnis eingegliedert.

Berufsgenossenschaft lehnt Zahlung ab

Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab, da sich der Mann zum Unfallzeitpunkt nicht auf dem Weg zur Arbeit, sondern auf einem unversicherten Weg befunden habe, ohne dass hierfür betriebliche oder verkehrstechnische Gründe erkennbar seien.

Der Mann erhob Klage und führte an, dass er wegen eines Staus eine andere Route gewählt und sich bei schwierigen Licht- und Wetterverhältnissen verfahren habe. An Details habe er wegen der schweren Schädel- und Hirnverletzung keine Erinnerung mehr.

Richter bejahen Versicherungsschutz

Die Richter gaben dem verunglückten Mann Recht. Verfahre sich ein Versicherter, bleibe er auch auf dem Abweg unfallversichert. Dies gelte jedenfalls soweit aufgrund objektiver Umstände davon auszugehen sei, dass die Handlungstendenz unverändert darauf gerichtet gewesen sei, den Arbeitsplatz zu erreichen. Eine verminderte Aufmerksamkeit sei insoweit unerheblich. Auch bleibe der Versicherungsschutz bestehen, wenn sich der Autofahrer wegen Dunkelheit, Nebel oder schlechter Beleuchtung verfahre.

Rechtswidriges Wendemanöver schließt Versicherungsschutz nicht aus

Obgleich die Ursache für das falsche Abbiegen wegen des Erinnerungsverlustes des verunglückten Mannes nicht feststellbar sei, bestünden keine Zweifel daran, dass er unverändert seine Arbeitsstätte habe erreichen wollen. Anhaltspunkte für ein privates eigenwirtschaftliches Ziel lägen nicht vor.

Da zudem nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut verbotswidriges Handeln einen Versicherungsfall nicht ausschließe, entfalle der Versicherungsschutz auch nicht aufgrund des rechtswidrigen Wendemanövers (vgl. § 7 Abs. 2 SGB VII).

Die Revision wurde zugelassen

Quelle:

Hess. LSG, Urteil vom 01.09.2015
Aktenzeichen: L 3 U 118/13
PM des Hess. LSG Nr. 14/15 vom 01.09.2015

© bund-verlag.de (ls)

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