Urlaub

Voller Urlaubsanspruch bei Folgeverträgen

21. Oktober 2015

Ausnahmsweise kann der volle Urlaubsanspruch schon vor Ablauf von sechs Monaten entstehen. Dies setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis nur kurzfristig unterbrochen war und mit einem neuen Vertrag fortgesetzt wird, entschied das BAG.

Der Kläger war seit dem 1.01.2009 bei der Beklagten beschäftigt. Die Arbeitgeberin schuldete dem Kläger laut Vertrag jährlich 26 Arbeitstage Urlaub in der 5-Tage-Woche. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2012. Am 21.06.2012 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 2.07.2012, einem Montag.

Am 12. Oktober 2012 kündigte die Arbeitgeberin das neue Arbeitsverhältnis fristlos. Sie hatte dem Kläger im Jahr 2012 bis dahin drei Tage Urlaub gewährt. Nach der Kündigung stritten die Parteien noch darüber, ob die Arbeitgeberin verpflichtet ist, die Resturlaubstage voll abzugelten. Freiwillig gestand die Arbeitgeberin dem Kläger nur 17 Urlaubstage zu.

Streit um Abgeltung von Urlaubstagen nach Kündigung

Dieser verlangte vor Gericht, die beklagte Arbeitgeberin müsse sechs weitere Urlaubstage mit 726,54 Euro brutto abgelten. Die Beklagte vertrat die Auffassung, mit Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses beginne ein neuer urlaubsrechtlicher Zeitraum. Der Arbeitnehmer habe deshalb für beide Arbeitsverhältnisse nur Teilurlaubsansprüche erworben.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Arbeitgeberin zur Zahlung verurteilt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen (LAG Düsseldorf, Urteil vom 19.02.2014 - 1 Sa 1273/13).

Kurzfristige Unterbrechung ist unschädlich

Auch in der Revision hatte die Arbeitgeberin keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied, dass zumindest in den Fällen, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bereits vor Ablauf des ersten Arbeitsvertrags vereinbart haben, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, die Wartefrist auch bei kurzer Unterbrechung weiterläuft.

Das bedeutet, dem Arbeitnehmer entsteht ein Anspruch auf ungekürzten Vollurlaub, wenn das zweite Arbeitsverhältnis nach erfüllter Wartezeit in der zweiten Hälfte des Kalenderjahres endet.

Hintergrund: Abgeltung von Teilurlaub

Nach § 7 Abs. 4 BurlG entsteht dem Arbeitnehmer ein Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs, der nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllt werden konnte. Wird danach ein neues Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber begründet, ist dies in der Regel urlaubsrechtlich eigenständig zu behandeln. Der volle Urlaubsanspruch wird erst nach (erneuter) Erfüllung der Wartezeit des § 4 BurlG erworben. Der Teilurlaub gemäß § 5 BurlG berechnet sich grundsätzlich eigenständig für jedes Arbeitsverhältnis.

Quelle:

BAG, Urteil vom 20.10.2015
Aktenzeichen 9 AZR 224/14
BAG, Pressemitteilung 47/15 vom 20.10.2015

Lesetipp der AiB-Redaktion:
»Urlaub – wer, wann, wieviel und warum?« von Nicolas Ballerstaedt in »Arbeitsrecht im Betrieb« 4/2015, S. 25-27.

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