Zulagen

Wer Sonderzahlungen bekommt, entscheidet der Chef

23. März 2016

Nur weil außertariflich bezahlte Mitarbeiter ein 13. Monatsgehalt bekommen, heißt das nicht, dass diese Sonderzahlung auch für Tariflöhne anfällt. Daran ändert auch der Gleichbehandlungsgrundsatz nichts. So das Landesarbeitsgericht Nürnberg.

Zwei Bauarbeiter und Betriebsräte, deren Arbeitsverhältnisse 2014 endeten, forderten vom Arbeitgeber, einem Bauunternehmen, eine übertarifliche Sonderzahlung. Mit Schreiben vom 18.12.2013 hatten insgesamt 31 gewerbliche Arbeitnehmer – auch die Kläger – die Zahlung eines vollen Monatseinkommens zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung zwischen gewerblichen Arbeitnehmern und Angestellten geltend gemacht.

Gleiches ist gleich zu behandeln, Ungleiches ungleich

Entscheidend für die Frage, ob den Klägern ein 13. Monatsgehalt zusteht, ist die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, der – wie das Gericht mit Blick auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausführt – in einem »Ideal der Gerechtigkeit, die es gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner Eigenart ungleich zu behandeln«, wurzelt. Wird der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer habe dann Anspruch auf die vorenthaltene Leistung, so das LAG.

Für den entschiedenen Fall bedeutet das, dass alle Mitarbeiter, die eine Sonderzahlung erhalten hatten und zum entscheidenden Zeitpunkt noch nicht ausgeschieden waren, miteinander zu vergleichen sind.

Vergleichsgruppenbildung

Das LAG führt in den Entscheidungsgründen aus, warum hier gerade keine Vergleichbarkeit herzuleiten ist: Das 13. Monatseinkommen sei für die außertariflichen Arbeitnehmer Teil des individuell vereinbarten Gesamteinkommens. Die jeweiligen Arbeitsverträge enthalten ein außertarifliches Monatsgehalt in jeweils unterschiedlicher Höhe. Zum Teil habe man Urlaubs- und Weihnachtsgeld, zum Teil wurde zusätzlich Urlaubsgeld nach Tarifvertrag vereinbart.

In einigen Verträgen seien auch Erfolgsprämien und Zielvereinbarungen erwähnt. Außerdem gebe es teilweise eine private Dienstwagennutzung als Gehaltsbestandteil. Jedenfalls enthalte keiner dieser Verträge einen Verweis auf tarifvertragliche Entgelt- und Eingruppierungsregelungen, so dass eine so genannte dynamische Bezugnahmeklausel ausscheide. Die Arbeitsverträge unterlagen der »unbeschränkten Gestaltungsmacht« des Arbeitgebers, mit der Folge, dass die Vereinbarungen für tariflich bezahlte Arbeitnehmer gerade nicht gelten sollten.

Kläger sind mit zehn Kollegen vergleichbar

Interessant sind die Ausführungen, die das Gericht zu einer Gruppe von zehn Mitarbeitern – fünf Bauleiter und fünf kaufmännische Angestellte – macht, die möglicherweise mit den Klägern vergleichbar waren, anders als diese aber eine Sonderzahlung erhalten hatten. Das Gericht hat eine vergleichbare Lage festgestellt: »Sie waren am Stichtag bei der Beklagten beschäftigt. Arbeitsvertraglich waren die tariflichen Leistungen geschuldet; sie waren tarifliche Mitarbeiter. Das jeweilige tarifliche 13. Monatseinkommen bewegt sich in der etwa gleichen Höhe (Angestellte: 55 %, gewerbliche Mitarbeiter: 93 von 174 Stunden = 53,5 %«.
Dennoch hatten die zehn oben genannten Mitarbeiter einen Anspruch auf ein 13. Monatsgehalt, die Kläger dagegen nicht.

Für die Ungleichbehandlung hätten sachliche Gründe vorgelegen. Auf die Gruppe der Bauleiter sei der Arbeitgeber aufgrund deren Sachkenntnisse besonders angewiesen gewesen. Sie trügen ein besonderes Maß an Verantwortung und hätten einen entsprechend hohen Arbeitsaufwand, so dass eine Sonderzahlung für die erbrachten Leistungen gerechtfertigt war.

Auch hinsichtlich der Gruppe der kaufmännischen Angestellten lagen laut LAG nachvollziehbare sachliche Differenzierungsgründe zur Zahlung eines vollen 13. Monatseinkommens im Jahr 2013 vor, unter anderem die besondere Belastung wegen eines Streiks und insbesondere wegen der Abwicklung der Personalangelegenheiten im Zuge der Betriebsstillegung, sowie besonders schwierige Arbeitsbedingungen im September 2013 (Umzug in neues Gebäude, damit verbunden der komplette Abbau und die Neuinstallation der EDV, höchste im Jahresverlauf abzurechnende Leistungen).

Besondere Belastungen genügen als nachvollziehbarer sachlicher Differenzierungsgrund, heißt es im Urteil. Denn die Arbeitsumstände der Kläger als gewerbliche Arbeitnehmer auf den Baustellen sind durch den Umzug der Arbeitsplätze im Verwaltungsgebäude nicht oder jedenfalls nicht in dem Maße beeinträchtigt gewesen.

Quelle:

LAG Nürnberg, Urteil vom 30.11.2015
Aktenzeichen: 2 Sa 644/14

© bund-verlag.de (mst)

Lesetipp der Online-Redaktion:

»Sonderzahlung - Der DGB-Rechtsschutz kommentiert: Mitbestimmung bei betrieblicher Lohngestaltung« mit Anmerkungen von Matthias Bauer, ehemals DGB Rechtsschutz GmbH

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