Zwei Mitglieder machen noch keinen Vorstand

20. Juni 2016
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Quelle: littlebell_Dollarphotoclub

Ein nicht korrekt gebildeter Wahlvorstand sorgt dafür, dass eine Personalratswahl anfechtbar ist. Fehler im weiteren Verfahrensverlauf bis zur Wahl können dann gerichtlich ebenfalls gerügt und geprüft werden – so das VG Berlin.


Im Fall ging es um die Anfechtung einer Personalratswahl für die studentischen Beschäftigten der FU Berlin vom 27. bis 29. Oktober 2015, die der Dienststellenleiter begehrte. Dieser rügte vor dem Verwaltungsgericht Berlin unter anderem, dass die Besetzung des Wahlvorstandes fehlerhaft war, gesetzliche Zeitvorgaben nicht eingehalten wurden und die Wahlausschreibung fehlerhaft war.

Das VG Berlin gab dem Dienststellenleiter Recht. »Die Wahlanfechtung ist begründet, weil gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren verstoßen worden ist, eine Berichtigung nicht erfolgte und es möglich erscheint, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis beeinflusst werden konnte (§ 22 Abs. 1 PersVG)«, heißt es im Beschluss.

Wahlvorstand nicht korrekt besetzt

Der Dienststellenleiter habe zutreffend gerügt, dass der Wahlvorstand fehlerhaft besetzt war. Es ist geklärt, so das VG, dass Personalratswahlen, die durch einen Wahlvorstand organisiert und geleitet werden, bei denen aber die Zusammensetzung oder die Bestellung des Wahlvorstandes nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, anfechtbar sind. Ausnahme: der Verstoß hat das Wahlergebnis nicht beeinflusst (so unter anderem BVerwG 22.12.2015, 5 PB 5.15). Die Zulässigkeit vorausgesetzt, dass ein Wahlvorstand im Laufe einer Wahl neu bestellt werden kann (hergeleitet aus § 19 Abs. 2 Satz 1 PersVG), wenn bestellte Mitglieder und alle Ersatzmitglieder verhindert sind, dann ist die neue Bestellung des Wahlvorstands in diesem Fall fehlerhaft, weil zwei Bestellte ungeeignet für das Amt waren. Obwohl nämlich zwei Ersatzmitglieder erklärt hatten, nicht dauerhaft in den Wahlvorstand nachzurücken zu wollen, bestellte der Personalrat diese beiden erneut zu Ersatzmitgliedern. Es gilt jedoch der Grundsatz, dass Personen, die erkennbar ihr Amt nicht ausüben werden, ungeeignet sind. Werden sie dessen ungeachtet für das Amt bestellt, ist die Bestellung fehlerhaft.

Entscheidungen bezüglich der Wahl fehlerhaft

Außerdem waren zwei Entscheidungen fehlerhaft, weil sie vom gesamten Wahlvorstand und nicht nur von zwei seiner Mitglieder zu treffen waren. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 WO muss der Wahlvorstand eine Niederschrift des Wahlergebnisses anfertigen, die von sämtlichen Mitgliedern des Wahlvorstandes zu unterzeichnen ist. Hier waren nur zwei Vorstandsmitglieder bei der fraglichen Sitzung anwesend, nur einer hatte unterschrieben. Außerdem hatten nur zwei Mitglieder die Wahlvorschläge als gültig anerkannt (§§ 9, 12 Abs. 1 Satz 1 WO), was jedoch eine vom gesamten Wahlvorstand zu treffende Entscheidung ist.

Wesentliche Vorschriften zum Wahlverfahren missachtet

Zutreffend gerügt hat der Antragsteller verschiedene Verstöße gegen § 5 Abs. 2 und 3 WO, die zwingende und deshalb wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren sind. Der Zusatz zur Aufforderung, Wahlvorschläge einzureichen, der lautet »Jeder Wahlvorschlag muss mindestens 26 Bewerbende enthalten« sei ein irreführender Verstoß gegen § 7 Abs. 1 WO. Diese Norm schreibt lediglich vor, dass jeder Wahlvorschlag mindestens doppelt so viele Bewerber wie zu Wählende enthalten soll.

Auch gegen § 5 Abs. 3 WO hat der Wahlvorstand verstoßen, wonach eine Abschrift oder ein Abdruck des Wahlausschreibens und der Wahlordnung vom Tage des Erlasses bis zum Abschluss der Stimmabgabe an einer oder an mehreren geeigneten den Wahlberechtigten zugänglichen Stellen aushängen muss. Die Formulierung im Wahlausschreiben (»Alle Dienststellen sind gesetzlich verpflichtet, dieses Wahlausschreiben durch Aushang bis zum Abschluss der Stimmabgabe … allgemein bekannt zu geben«) deute darauf hin, dass der Wahlvorstand die Bekanntgabe des Wahlausschreibens anderen überließ. Der Wahlvorstand ist allerdings verpflichtet, selbst tätig zu werden.

Doch selbst ein Aushang allein am »schwarzen Brett« – wie im Verfahren dargelegt – wäre im Falle der Freien Universität Berlin unzureichend gewesen. Bei einer auf viele Gebäude verteilten Dienststelle wie der FUB reiche es nicht aus, das Wahlausschreiben (und die Wahlordnung) nur an einer Stelle oder zwei Stellen auszuhängen. »Vielmehr muss der (gesamte) Wahlvorstand dann mehrere geeignete Stellen auswählen/bestimmen, an denen er – möglicherweise mit Hilfe der Dienststelle (§ 1 Abs. 2 WO) – den Aushang der Unterlagen am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens vornimmt.« Die gerügten Verstöße hatten auch Einfluss auf das Wahlergebnis, so dass die Rüge begründet war.

Quelle:

VG Berlin, 04.05.2016 - 62 K 18.15 PVL © bund-verlag.de (mst)

Buchtipp der Online-Redaktion:

»Tipps für neu- und wiedergewählte Personalratsmitglieder« von Herbert Deppisch, Robert Jung, Erhard Schleitzer, Bund-Verlag, 220 Seiten, kartoniert, 3. Auflage 2016, 16,90 Euro, ISBN: 978-3-7663-6456-2
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