Kündigung

7 Fragen zur Verdachtskündigung

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Quelle: © Jeanette Dietl / Foto Dollar Club

Schon der bloße Verdacht einer Pflichtverletzung, z. B. eines Diebstahls kann für eine Kündigung ausreichen. Denn anders als im Strafrecht gilt im Arbeitsrecht nicht die Unschuldsvermutung. Welche Voraussetzungen für eine Verdachtskündigung vorliegen müssen und wie die Rolle des Betriebsrats ist, erfahrt Ihr von Dr. Jochen Keilich in »Betriebsrat und Mitbestimmung« 3/2023.

1. Wann kann der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung aussprechen?

Oft haben Arbeitgeber keine zwingenden Beweise für einen Pflichtverstoß, sondern können sich nur auf mehr oder weniger gravierende Verdachtsmomente stützen. So z. B., wenn Geld abhandengekommen ist, das unter der alleinigen Obhut einer angestellten Person stand, so dass kein anderer es hätte wegnehmen können. Bestreitet dieser den Pflichtverstoß, gibt es keinen zwingenden Beweis, sondern nur einen dringenden Tatverdacht. Erfährt der Arbeitgeber nur durch die Erzählung einer anderen angestellten Person von angeblichen Pflichtverletzungen, so wird auch dies erst einmal nur einen Verdacht darstellen. Arbeitgeber können dann – unten den allerdings strengen Voraussetzungen der Rechtsprechung des BAG – eine Verdachtskündigung aussprechen.

Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung oder eines strafbaren Verhaltens begründet einen Vertrauensverlust, der das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen entfallen lässt. Anders als im Strafrecht gilt im Arbeitsrecht nicht die Unschuldsvermutung.

2. Welche Voraussetzungen müssen dafür vorliegen?

Eine Kündigung auf Grund eines Verdachtes ist immer mit der Unsicherheit behaftet, dass eine unschuldige Person gekündigt werden könnte. Der Verdacht muss daher ein schweres, für das Arbeitsverhältnis erhebliches Fehlverhalten betreffen.

Bezieht sich der Verdacht auf eine Straftat, müsste diese selbst Kündigungsgrund sein können. Bei hypothetischem Vorliegen des Verhaltens muss dies nach der Rechtsprechung des BAG eine außerordentliche Kündigung begründen (vgl. BAG 21. 11. 2013 – 2 AZR 797/11). Dies gilt auch für die ordentliche Verdachtskündigung, so dass deren Anwendungsbereich auf die Fälle beschränkt ist, in denen die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist (nach § 626 Abs. 2 BGB) nicht eingehalten ist.

Die Verdachtskündigung muss außerdem verhältnismäßig sein, d. h. es darf nach dem Fehlverhalten kein milderes Mittel als die Kündigung geben. Dies ist der Fall, wenn das Vertrauensverhältnis für den Arbeitgeber zerstört und eine Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar ist. Der Verdacht muss dabei objektiv auf bestimmten Tatsachen beruhen, die subjektive Ansicht des Arbeitgebers reicht nicht aus. Zudem muss der Verdacht dringend sein, so dass die Indizien für eine große Wahrscheinlichkeit sprechen, dass der oder die Gekündigte die Straftat bzw. Pflichtwidrigkeit tatsächlich begangen hat.

Der Arbeitgeber muss zudem alles Zumutbare getan haben, um den Sachverhalt aufzuklären. Hier können die Mittel allerdings durch das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmenden begrenzt sein (z. B. bei Videoüberwachung). Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung ist aber immer eine vorherige Anhörung der angestellten und verdächtigen Person. Diese muss die Gelegenheit erhalten, den Verdacht auszuräumen.

3. Ist der Betriebsrat bei der Anhörung des oder der betroffenen Beschäftigten zu beteiligen?

Die Verdachtskündigung kann sowohl als ordentliche als auch als außerordentliche Verdachtskündigung ausgesprochen werden. Gem. § 102 Abs. 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung vollständig zu unterrichten. Im Rahmen der Anhörung müssen Arbeitgebende dem Betriebsrat die aus ihrer Sicht tragenden Gründe für die geplante Kündigung mitteilen. Hierzu gehört bei der Verdachtskündigung auch die Anhörung der verdächtigen Person.

Wurde der Betriebsrat nur zu einer Tatkündigung angehört, dann kann der Arbeitgebende sich später nicht mehr auf eine Verdachtskündigung berufen. Stützt sich der Arbeitgebende aber primär auf die Verdachtskündigung, dann wäre davon auch die weiterreichende Tatkündigung umfasst. Dies sollte bei der Betriebsratsanhörung beachtet werden.

Bei der Anhörung der verdächtigen Person macht es vor diesem Hintergrund Sinn, dass ein Betriebsratsmitglied anwesend ist. Ob dies der Fall ist oder nicht, kann die verdächtige Person aber selbst und frei bestimmen, ihr sollte jedenfalls die Möglichkeit eingeräumt werden, eine Vertrauensperson hinzuzuziehen.

4. Muss sich der Arbeitgeber an bestimmte Fristen halten?

5. Was muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat bei der Anhörung mitteilen?

6. Können Kündigungsgründe später noch „nachgeschoben“ werden?

7. Welche Reaktionsmöglichkeiten hat der Betriebsrat? Wie kann er den Beschäftigten helfen?

Antworten auf diese weiteren Fragen lest Ihr in »Betriebsrat und Mitbestimmung« Ausgabe 3/2023. 

Außerdem in der März-Ausgabe von »Betriebsrat und Mitbestimmung«:

  • Präsentismus im Homeoffice/ Betriebsräte-Preis 2023
  • So verändert die Digitalisierung die Betriebsratsarbeit
  • EINSTELLUNG VON BESCHÄFTIGTEN - Diese Rechte hat der Betriebsrat
  • Chancen und Risiken von Desksharing
  • BAG: Wann Urlaubstage tatsächlich verfallen
  • Krankmelden durch Boten ist erlaubt

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