Arbeits- und Gesundheitsschutz

Auskunft über Unfälle von Fremdpersonal

01. April 2019
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Quelle: © RioPatuca Images / Foto Dollar Club

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat bei Arbeitsunfällen von Beschäftigten zu informieren. Das BAG hat entschieden, dass dieses Auskunftsrecht auch bei Arbeitsunfällen von Fremdpersonal gilt. Von Matthias Beckmann.

Der Arbeitgeber erbringt Zustellungsdienstleistungen. Dabei setzt er neben eigenem Personal auch Arbeitnehmer anderer Unternehmen ein. Bei Beladungen von Paletten ereigneten sich innerhalb weniger Woche vier Arbeitsunfälle, bei denen Beschäftigte Verletzungen erlitten. In zwei Fällen betraf dies Arbeitnehmer einer Fremdfirma, wobei Betriebsmittel des Arbeitgebers verwendet wurden.

Arbeitsunfall betraf Werkvertragsnehmer

Der Arbeitgeber meldete die Unfälle weder dem Betriebsrat noch der gesetzlichen Unfallversicherung. Bei einer anschließenden Betriebsbesichtigung mit einer Fachkraft für Arbeitssicherheit wurde der Betriebsrat gleichfalls nicht hinzugezogen.

Der Betriebsrat forderte vom Arbeitgeber, ihm Kopien der Unfallanzeigen vorzulegen. Zudem wollte er künftig generell über Arbeitsunfälle des Fremdpersonals informiert werden. Außerdem verlangte das Gremium, ihm jeweils die Unfallanzeigen zur Gegenzeichnung vorzulegen und in Kopie auszuhändigen.

Da der Arbeitgeber sich hierzu nicht verpflichtet sah, stellte der Betriebsrat entsprechende Anträge im Beschlussverfahren. Dem Arbeitgeber sollten die Informationspflichten gerichtlich auferlegt werden. Während die Vorinstanzen die Anträge ablehnten, hatte die Rechtsbeschwerde beim BAG zumindest teilweise Erfolg.

BAG bestätigt Auskunftsanspruch

Das BAG hat entschieden, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat bei allen Fragen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz und der Unfallverhütung hinzuziehen muss (§ 89 Abs. 2 BetrVG). Dies soll unabhängig davon gelten, ob ein eigener oder ein Fremdarbeitnehmer den Arbeitsunfall erlitten hat.

Hieraus folgt ein entsprechender Auskunftsanspruch des Betriebsrats. Dieser umfasst – so das BAG – auch Unfälle, die Arbeitnehmer erleiden, die weder bei der Arbeitgeberin angestellt noch deren Leiharbeitnehmer sind. Auch bei Unfällen von über Werkverträge Beschäftigten wie im hiesigen Fall soll ein Auskunftsanspruch bestehen. Das BAG begründet das wie folgt: Auch aus den Arbeitsunfällen des Fremdpersonals lassen sich arbeitsschutzrelevante Erkenntnisse für die betriebszugehörigen Arbeitnehmer gewinnen, für die der Betriebsrat zuständig ist.

Kein Anspruch auf Unfallanzeigen

Die auf die Unfallanzeigen bezogenen Begehren des Betriebsrats waren dagegen nicht erfolgreich. Dies wird mutmaßlich daran gelegen haben, dass der Arbeitgeber für die Anzeigen gegenüber der Unfallversicherung nicht zuständig war, sondern der jeweilige Arbeitgeber der Fremdarbeiter, also der Verleiher oder Werkunternehmer. Zumindest das LAG hatte in diese Richtung argumentiert. Genaueres wird sich aus den Urteilsgründen des BAG ergeben, die bislang noch nicht vorliegen.

Hinweis für die Praxis

Grundsätzliches zum Arbeitsunfall

Nach § 193 Abs. 1 SGB VII muss der Arbeitgeber Arbeitsunfälle in seinem Unternehmen den Unfallversicherungsträgern anzeigen. Diese Unfallanzeige muss vom Betriebsrat mit unterschrieben werden. Daraus folgt, dass die Anzeige erst dem Betriebsrat vorgelegt werden muss.

Der Betriebsrat hat in den Bereichen Arbeits- und Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit sowie Unfallverhütung verschiedenste Rechte und Aufgaben. Aus § 80 Abs. 1 BetrVG ergibt sich die Pflicht, die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften zu überwachen und Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu fördern.

Der Betriebsrat hat sich dafür einzusetzen, dass die Vorschriften über den Arbeitsschutz und die Unfallverhütung im Betrieb eingehalten werden und er hat bei der Bekämpfung von Unfall- und Gesundheitsgefahren die für den Arbeitsschutz zuständigen Behörden zu unterstützen, § 89 Abs. 1 BetrVG.

Damit der Betriebsrat diese Aufgaben wahrnehmen kann, hat er zum einen die Informationsrechte gegenüber dem Arbeitgeber aus § 80 Abs. 2 BetrVG. Zum anderen ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Betriebsrat bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen sowie bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen. Insofern ist die hiesige Entscheidung, mit der die Informationsrechte des Betriebsrates gefestigt wurden, zu begrüßen.

Matthias Beckmann, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

BAG (12.03.2019)
Aktenzeichen 1 ABR 48/17
Diese Entscheidungsbesprechung erhalten Sie als Teil des Newsletters »AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat« vom 3.4.2019.
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