Leiharbeit

BAG: Tarifvertrag kann zulässige Höchstdauer verlängern

21. September 2022 Leiharbeit
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Quelle: © eyetronic / Foto Dollar Club

Bei einer Arbeitnehmerüberlassung können die Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche eine zeitliche Obergrenze vereinbaren. Diese kann auch die gesetzlich zulässige Dauer von 18 Monaten überschreiten. Sie ist auch für die Leiharbeitnehmer und deren Verleiher maßgeblich, unabhängig von deren Tarifbindung – so das Bundesarbeitsgericht.

Darum geht es

Der Arbeitnehmer war ab Mai 2017 für knapp 24 Monate einem Unternehmen als Leiharbeitnehmer überlassen. Dieses ist Mitglied im Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e.V. (Südwestmetall). Im Unternehmen galt daher der zwischen Südwestmetall und der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall) geschlossene „Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit“. Der Tarifvertrag regelt, dass die Dauer einer Arbeitnehmerüberlassung 48 Monate nicht überschreiten darf. Dagegen liegt die gesetzliche Höchstdauer bei 18 Monaten (§ 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG); diese kann durch Tarifvertrag überschritten werden (§ 1 Abs. 1b Sätze 3 ff AÜG).

Der Leiharbeitnehmer will mit seiner Klage festgestellt wissen, dass zwischen ihm und der Entleiherin aufgrund einer Überschreitung der gesetzlichen Höchstüberlassungsdauer kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei (§ 9 Abs. 1 Nr. 1b, § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG). Er macht geltend, der Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit gelte für ihn mangels Mitgliedschaft in der IG Metall nicht. Zudem sei die dem Tarifvertrag zugrundliegende Regelung (§ 1 Abs. 1b Satz 3 AÜG) verfassungswidrig.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen (vgl. LAG Baden-Württemberg 2.12.2020 – 4 Sa 16/20).

Das sagt das Gericht

Auch vor dem Bundesarbeitsgericht hatte der Kläger keinen Erfolg. Der Tarifvertrag sei gültig, Südwestmetall und IG Metall konnten dadurch die Überlassungshöchstdauer für den Einsatz von Leiharbeitnehmern beim beklagten Unternehmen auch mit Wirkung auch für den Kläger und dessen Arbeitgeberin (Verleiherin) verlängern.

Bei § 1 Abs. 1b Satz 3 AÜG handelt es sich um eine vom Gesetzgeber außerhalb des Tarifvertragsgesetzes vorgesehene Regelungsermächtigung, die den Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche nicht nur gestattet, die Überlassungshöchstdauer abweichend von § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG verbindlich für tarifgebundene Entleihunternehmen, sondern auch für Verleiher und Leiharbeitnehmer mittels Tarifvertrag zu regeln, ohne dass es auf deren Tarifgebundenheit ankommt.

Die gesetzliche Regelung ist unionsrechts- und verfassungskonform. Die vereinbarte Höchstüberlassungsdauer von 48 Monaten hält sich im Rahmen der gesetzlichen Regelungsbefugnis.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

BAG (14.09.2022)
Aktenzeichen 4 AZR 83/21
BAG, Pressemitteilung 37/22 vom 14.9.2022
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