Arbeitsschutz

Jeder Zehnte ist arbeitssüchtig

14. April 2023
Stress
Quelle: iStock.com, filadendron

Zehn Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten suchthaft. Betroffene arbeiten dann sehr lang, schnell und parallel an unterschiedlichen Aufgaben und können nach Feierabend nur schlecht abschalten und entspannen. Das geht auf die Gesundheit, wie eine aktuelle Studie im Auftrag der Hans Böckler-Stiftung zeigt.

Für die von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie werteten Forscherinnen und Forscher des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und der Technischen Universität Braunschweig repräsentative Daten von gut 8000 Erwerbstätigen zu ihrem Arbeitsverhalten und ihrem Wohlbefinden aus, die in den Jahren 2017 und 2018 erhoben wurden.

Wer ist besonders betroffen?

Danach sind insgesamt 9,8 Prozent der Erwerbstätigen von suchthaftem Arbeiten betroffen. Besonders häufig verbreitet ist es mit 12,4 Prozent bei Führungskräften – und je höher die Führungsebene, desto stärker ausgeprägt ist suchthaftes Arbeiten. Andere Beschäftigte sind nur zu 8,7 Prozent betroffen.

Weitere 33 Prozent der Erwerbstätigen arbeiten laut der Studie zwar exzessiv, aber nicht zwang- bzw. suchthaft.

Was genau ist suchthaftes Arbeiten?

Suchthaftes Verhältnis zum Job attestieren die Forscherinnen und Forscher Erwerbstätigen, die Aussagen zustimmen wie:

  • Es ist wichtig für mich, hart zu arbeiten, auch wenn mir das, was ich tue, keinen Spaß macht.
  • Es fällt mir schwer zu entspannen, wenn ich nicht arbeite.
  • Ich habe ein schlechtes Gewissen, wenn ich mir frei nehme.

Der weit verbreitete Begriff »Workaholic« beschreibt das, was mit suchthaftem Arbeiten gemeint ist, also nur zum Teil. Denn im alltäglichen Sprachgebrauch wird der Begriff oft zur Beschreibung von Menschen genutzt, die einfach viel arbeiten – dabei aber glücklich sind.

Gesundheitliche Folgen zwanghaften Arbeitens

Suchthaft Arbeitende stufen ihren Gesundheitszustand etwa doppelt so häufig als weniger gut oder schlecht ein wie nicht davon betroffene Erwerbstätige. Deutlich häufiger als andere erleben sie körperliche oder psychosomatische Beschwerden.

Sie leiden häufig unter Müdigkeit, emotionaler Erschöpfung und Niedergeschlagenheit, die ein erhöhtes Risiko für Burnout oder depressive Verstimmungen mit sich bringen. Diese wiederum sind häufig mit langen Phasen der Heilung und längeren Krankschreibungen verbunden. Wer suchthaft arbeitet, ist damit also stärker gefährdet, länger auszufallen und nicht mehr arbeiten zu können. Trotz der höheren gesundheitlichen Beschwerden suchen Betroffene aber seltener ärztliche Hilfe.

Was können Betriebe und Dienststellen tun?

Zur Prävention ist es nötig, suchthaftes Arbeiten in den Betrieben und Dienststellen zu thematisieren. Denn mögliche Ursachen dafür liegen nicht nur in einer individuellen Prädisposition, sondern auch in den betrieblichen Arbeitsbedingungen.

Und Betriebe und Dienststellen haben gute Möglichkeiten für Präventionsmaßnahmen. Ein wichtiges Ziel wäre, eine Betriebskultur zu etablieren, die exzessivem und zwanghaftem Arbeiten entgegenwirkt. Solch eine Kultur ist z.B. dadurch gekennzeichnet, dass offen thematisiert werden kann, wenn Personen exzessiv und zwanghaft arbeiten, und man gemeinsam Lösungen findet, etwa die Beschäftigung weiterer Mitarbeiter:innen.

Ebenso kann der betriebliche Gesundheitsschutz helfen, indem die Belastungssituation der Beschäftigten durch eine Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastungen insgesamt erfasst und die Arbeitsorganisation infolgedessen angepasst wird.

Schließlich können Betriebs- oder Dienstvereinbarungen zum Erfassen und Ausgleich von Überstunden sowie zu den Grenzen mobilen Arbeitens helfen.

© bund-verlag.de (fk)

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