Betriebsratsarbeit

Mit Qualifizierung Kündigungen verhindern

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Digitalisierung, Automatisierte Prozesse und neue Arbeitsabläufe können dazu führen, dass Fähigkeiten und Kenntnisse der Beschäftigten für ihre Arbeit nicht mehr ausreichen. Wie der Betriebsrat verhindern kann, dass ein Wissensdefizit zur Kündigung führt, erläutert Euch Wolf-Dieter Rudolph in der AiB 7-8/2023 ab Seite 13.

Zu den Kernaufgaben eines jeden Betriebsrats gehört es, die Beschäftigung im Betrieb zu sichern, § 92a Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Das bedeutet für das Gremium, alles zu tun, um die konkreten Arbeitsplätze der dem Betrieb angehörenden Beschäftigten zu erhalten. Insbesondere muss alles getan werden, um Kündigungen zu verhindern. Gerade bei den personenbedingten Kündigungen hat der Betriebsrat Möglichkeiten, bereits im Vorfeld dafür zu sorgen, dass es nicht zu einer erfolgreichen Kündigung kommt. Eine derartige Kündigung kann der Arbeitgeber dann aussprechen, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage ist, seine vereinbarte Arbeitsleistung ganz oder teilweise zu erbringen. Das ist u. a. dann der Fall, wenn die fachliche Qualifikation nicht (mehr) ausreicht, um die übertragenen Arbeiten angemessen ausführen zu können.

Initiativrecht bei betrieblichen Bildungsmaßnahmen

Zur Beschäftigungssicherung steht dem Betriebsrat erst einmal ein umfassendes Vorschlagsrecht gegenüber dem Arbeitgeber zu, welches auch Vorschläge zur Qualifizierung der Arbeitnehmenden beinhaltet, § 92a Abs. 1 BetrVG. Allerdings muss es der Betriebsrat nicht bei Vorschlägen bewenden lassen. Weiterhelfen kann hier der in der Praxis häufig vergessene Abs. 2 des § 97 BetrVG. Danach muss der Betriebsrat nicht abwarten, dass der Arbeitgeber von sich aus aktiv wird, sondern er kann sogar mithilfe einer Einigungsstelle den Arbeitgeber zur Einführung von betrieblichen Berufsbildungsmaßnahmen zwingen. Wenn infolge der vom Arbeitgeber geplanten bzw. durchgeführten Maßnahmen die Kenntnisse/Fähigkeiten von Beschäftigten nicht mehr ausreichen, ihre Arbeitsleistung weiterhin im geforderten Umfang zu erbringen, kann der Betriebsrat entsprechende Qualifikationen erzwingen, um letztendlich die Arbeitsplätze zu sichern.

Voraussetzung „Maßnahmen des Arbeitgebers“

Das Mitbestimmungsrecht greift, wenn eine tätigkeitsändernde Maßnahme vorliegt. Darunter fallen organisatorische und/oder technische Maßnahmen. Es sind nicht nur die für das Vorliegen einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG vorgegebenen Kriterien gemeint, sondern es geht um sämtliche neu eingeführte oder veränderte technische Anlagen sowie Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufe einschließlich des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz (KI). Dazu zählen auch alle Arten der Rationalisierung, selbst wenn diese nicht mit technischen Innovationen, sondern nur mit organisatorischen Änderungen verbunden sind.

Als „Maßnahme“ kommen auch Prozesse in Betracht, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken. Viele Betriebe befinden sich in einem kontinuierlichen Veränderungs-/Innovationsprozess und nicht selten kommt es scheibchenweise zu Veränderungen.

Von den Maßnahmen müssen auch nicht alle Beschäftigten betroffen sein: Es reicht aus, wenn ein Arbeitnehmer infolge einer Maßnahme Qualifikationsbedarf hat. Im Einzelfall kann auch eine Versetzung oder die Zuweisung anderer oder neuer Aufgaben am gleichen Arbeitsplatz als „Maßnahme“ zu bewerten sein. Expertentipp: Die Tätigkeitsveränderung ist immer arbeitsplatzbezogen – nicht personenbezogen. Keine Rolle spielt im Übrigen, aus welchem Anlass die jeweilige Maßnahme erfolgt oder erfolgen soll.

Folgen der Maßnahme

Infolge der Maßnahme muss sich die Tätigkeit des betroffenen Arbeitnehmers ändern und dadurch ein Qualifikationsbedarf bestehen. Das liegt dann vor, wenn die Kenntnisse und/oder Fähigkeiten aller Voraussicht nach nicht mehr zur Erfüllung der künftigen Aufgaben ausreichen. Dabei ist der Umfang des Defizits nicht entscheidend. So braucht der Arbeitnehmer für die Tätigkeit nicht gänzlich ungeeignet sein. Ein Qualifikationsdefizit liegt auch dann vor, wenn Arbeitnehmende ihrer Tätigkeit im Großen und Ganzen nachkommen können oder nur mittels Improvisation dazu in der Lage sind.

Auch im nachfolgenden Fall besteht ein Qualifikationsbedarf: Beschäftigte werden nach Einführung neuer Technologien weiter mit unveränderten Tätigkeiten betraut, für die aber die Gefahr eines künftigen Wegfalls besteht und dadurch eine betriebsbedingte Kündigung droht.

Rechtzeitige Information über geplante Maßnahme

Entscheidend ist ein möglichst frühes Eingreifen des Betriebsrats. Qualifikationsmaßnahmen sollen rechtzeitig erfolgen, damit spätestens im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Maßnahme das Qualifikationsdefizit behoben werden kann. Daher bedarf es immer einer rechtzeitigen Information über die geplante Maßnahme seitens des Arbeitgebers. Sobald dieser sich zur Durchführung einer Maßnahme entschlossen hat, ist er in der Informationspflicht.

Aus welchen Rechtsgrundlagen der Betriebsrat Anspruch auf Informationen hat, wie der Betriebsrat den Qualifikationsbedarf ermitteln kann und welche Eckpunkte eine Betriebsvereinbarung Qualifizierung enthält, erfahrt ihr in der AiB 7-8/23.

Alle Antworten auf diese Fragen findet ihr als Abonnentinnen und Abonnenten in der AiB 7-8/2023 im Beitrag von Wolf-Dieter Rudolph ab Seite 13 und hier online..

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