Datenschutz

Minderleistung am Service-Telefon?

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Quelle: www.pixabay.com/de

Ein kommunaler Eigenbetrieb kann Beschäftigte im Telefondienst fristlos kündigen, wenn deren Leistung auf vorsätzliche Vernachlässigung ihrer Arbeitspflicht schließen lässt. Das Auswerten der Telefoniezeiten sei auch trotz eines Verbots in einer Dienstvereinbarung zulässig, wenn der Personalrat zustimmt - so das Arbeitsgericht Bremen.

Darum geht es

Die beiden Kläger waren als Servicemitarbeiter bei der Freien Hansestadt Bremen beschäftigt. Sie waren bei Performa Nord, einem Eigenbetrieb des Landes Bremen, im Bereich des Bürgertelefons Bremen eingesetzt. Die Arbeitgeberin warf ihnen vor, Telefonanrufe nur in besonders geringem Umfang entgegengenommen zu haben. Sie stützt sich auf eine nachträgliche Auswertung der Telefoniezeiten der Kläger in der Zeit von März bis Mai 2023. Der Auswertung hatte der Personalrat zuvor ausdrücklich zugestimmt. In dem an vier einzelnen Tagen exemplarisch ausgewerteten Telefonverhalten sieht die beklagte Arbeitgeberin einen Arbeitszeitbetrug. Sie sprach deshalb fristlose Kündigungen aus.

Die Kläger hielten die Kündigungen für unwirksam und verlangen, weiterbeschäftigt zu werden. Sie bestritten, dass ein Grund für eine Kündigung bestehe. Die Auswertung des Telefonverhaltens sei unzulässig und nicht von einer Dienstvereinbarung gedeckt gewesen. Die Kündigungen seien auch deshalb unwirksam, weil es an einer vorherigen Abmahnung fehle und sie zuvor nicht angehört worden seien. Das Telefonverhalten sei nicht als betrügerisch, sondern allenfalls als unterdurchschnittliche Leistung zu bewerten.

Auch den Kündigungen hatte der Personalrat zuvor jeweils ausdrücklich zugestimmt.

Das sagt das Gericht

Das Gericht erachtete die fristlosen Kündigungen als wirksam. Die Kläger leisteten Telefoniezeiten in einem Umfang, der auf eine vorsätzliche vertragswidrige Vernachlässigung der Arbeitspflicht schließen ließ und durch bloße Minderleistung nicht erklärt werden konnte.

Die Arbeitgeberin hatte – nach Abzug u.a. von Nachbearbeitungszeiten und Bildschirmarbeitspausen – Telefoniezeiten im Umfang von 60 Prozentder dienstplanmäßigen Arbeitszeit an einem Tag erwartet. Die Kläger leisteten an bestimmten einzelnen Tagen Telefoniezeiten zwischen 30 und 35 Prozent bzw. zwischen 16 und 33 Prozent. Die Daten hatte die Arbeitgeberin aus der Auswertung des Telefonverhaltens in drei zurückliegenden Monaten gewonnenen.

Zwar ist nach einer Dienstvereinbarung die Auswertung zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle von Arbeitnehmern untersagt. Allerdings hatte der Personalrat den Auswertungen zuvor jeweils ausdrücklich zugestimmt. Ob die Daten rechtswidrig gewonnen waren, konnte das Gericht offen lassen, heißt es in der Pressemitteilung des ArbG Bremen-Bremerhaven.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Daten, die vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers belegen sollen, selbst dann verwertbar, wenn die Gewinnung der Daten nicht vollständig im Einklang mit den Vorgaben des Datenschutzrechts steht (vgl. BAG: Kein Beweisverwertungsverbot bei offener Videoüberwachung, BAG 29.6.2023 – 2 AZR 296/22).

Auch dafür, dass die Arbeitgeberin das Verhalten der Kläger wegen ihrer Gewerkschaftsmitgliedschaft ausgewertet und ihnen gekündigt hatte, erkannte das Gericht keine Anhaltspunkte.

Hinweis für die Praxis

Der Fall ist noch nicht rechtskräftig und wird sehr wahrscheinlich weitere Instanzen beschäftigen. Generell gilt: Arbeitszeitbetrug rechtfertigt eine Kündigung, oft auch in der schärfsten Form der fristlosen Kündigung. Ob in der zweiten Instanz noch neue Tatsachen auftauchen, bleibt abzuwarten. Es bleibt ebenso abzuwarten, ob sich die Auffasung des 2. BAG-Senats durchsetzt, dass auch unter Verstoß gegen die DSGVO erlangtes Beweismaterial eine Kündigung begründen kann.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

ArbG Bremen-Bremerhaven (14.12.2023)
Aktenzeichen 2 Ca 2206/23 und 2 Ca 2207/23
ArbG Bremen-Bremerhaven, Pressemitteilung vom 14.12.2023
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