Digitaler Stress

Ständig neue IT-Tools, Angst vor Überwachung

07. August 2023 Digitaler Stress
Stress
Quelle: iStock.com, filadendron

Unterbrechungen, Informationsflut, Multitasking, gläserne Beschäftigte: Das alles setzt Beschäftigte unter Stress. Der Umgang mit immer neuen Tools und Software ist nebenbei zu stemmen. In »Gute Arbeit« 6-7/2023 erklärt Mattias Ruchhöft, wie psychische Belastungen entstehen, kumulieren und wie man dagegen vorgeht. Außerdem empfehlen wir den dazu passenden Podcast.


Man sitzt buchstäblich auf dem Präsentierteller: Die digitale Arbeit der Beschäftigten wird für unsichtbare Überwacher immer transparenter. Während der Kontaktbeschränkungen in der Pandemie wurden massenhaft neue Tools zur virtuellen Zusammenarbeit und Kommunikation eingesetzt. Die Mitbestimmung und die kritische Auseinandersetzung damit kam oft zu kurz, Zeit war im Verzuge; Mitbestimmungsorgane waren selbst damit beschäftigt, ihre Organisation und Kommunikation neu aufzustellen. Parallel wurden der digitale Wandel und die Restrukturierungen der Unternehmen und Verwaltungen forciert. Das alles erhöht nun den Präventions- und Mitbestimmungsbedarf.

Kontrolle und Belastungen durch Technik

Mit den neuen digitalen Arbeitsmitteln gehen einher: die fortschreitende Transparenz der Büroarbeit und der Produktion, ständige Unterbrechungen durch Benachrichtigungen und eine fast unübersehbare Informationsflut. Auf die Beschäftigten wirken in der Gesamtschau enorme psychische Belastungen ein, die zur Beanspruchung werden und krank machen können. Die Renten- und Krankenversicherungen bestätigen das im Wochenrhythmus.
Das gemeinsame Arbeiten auf virtuellen Plattformen wird zum Standard. Diese zeigen in Echtzeit Änderungen in Dokumenten, Nachrichten und den Präsenzstatus von Beschäftigten an. Auch die Systeme selbst senden Infos: wie man sie besser, schneller, effizienter nutzt. Aufgaben werden zugeordnet, der Stand der Bearbeitung angezeigt, kurz: Der Büroarbeitsplatz wird industrialisiert und getaktet wie die Bandarbeit.

Prävention angehen, Stress begrenzen

Die dargestellten Techniken in modernen IT-Anwendungen sind zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Beschäftigten geeignet. In Teams oder SharePoint ist die Transparenz systemimmanent. Das Team sieht, wer wann eine Datei ändert oder Infos schickt. Wie wirken diese Trends auf das Befinden und die Gesundheit der Arbeitnehmer:innen?

Der Leistungsdruck nimmt zu, die Arbeitsintensität wächst, psychische Gefährdungen steigen bedrohlich an. Die unterbewusst oder bewusst empfundene Kontrolle durch IT-Technik, das Arbeitsteam und Vorgesetzte verschärft die Situation. Diese Beschleunigung der Arbeitswelt kann nicht als Endlosspirale auf solche Weise fortgesetzt werden. Von zentraler Bedeutung sind die:

•    Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen nach Arbeitsschutzgesetz (§ 5 ArbSchG)
•    Mitbestimmung bei technischen Einrichtungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz)
•    Betriebssicherheitsverordnung (umfasst alle Arbeitsmittel!) und
•    eine systematische Technikfolgenabschätzung.

Zu diesem Thema aktuellen Therma auch den Podcast hören: Gute Arbeit – der Podcast
»Digitaler Stress - mehr Tools, Informations-Overkill?«. Die Redaktion spricht mit Dr. Rolf Schmucker (DGB-Index Gute Arbeit) und Mattias Ruchhöft (dtb-Technologieberatung) über Strategien zur Stressentlastung und zum guten Umgang mit digitalen Anforderungen.

Alle Episoden unter bund-verlag.de/gute-arbeit-podcast

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Weitere Informationen

Der umfassende Beitrag in »Gute Arbeit« 6-7/2023, Mattias Ruchhöft (S. 43-46). Außerdem das Titelthema lesen: »Betriebliches Eingliederungsmanagement – BEM: So gelingt die Wiedereingliederung« mit sieben Fachbeiträgen:

  • Prof. Dr. Franz Josef Düwell: »BEM: Rechtsgrundlagen und Formung durch die Rechtsprechung« (S. 8-13).
  • Prof. Dr. Wolfhard Kohte: »Stufenweise Wiedereingliederung beim BEM« (S. 14-17).
  • Prof. Dr. Peter Wedde: »Online-BEM-Sitzungen: Ausnahme oder Regel« (S. 18-21).
  • Michael Beese, Andrea Lange: »Erfolgreiches BEM mit System« (S. 22-26).
  • Cornelia Danigel: »Weiterbildung für das BEM« (S. 27-29).
  • Irene Husmann: »Gute Praxis, erfolgreiches BEM« (S. 30-33).
  • Martina Berger: »IFD als BEM-Akteur« (S. 34-36).

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