Verhaltensbedingte Kündigung

LAG Düsseldorf: Rhein-Bäder und Flamingo-Fotos sind abzumahnen

20. Juli 2023
Flamingo Figur Kunststoff Plastik Park
Quelle: Pixabay.com/de | Bild von Ksenia Vohmintsev

Gütliches Ende: Ein junger Mitarbeiter wurde gefeuert, weil er auf einer Firmenfeier in den Rhein gesprungen war. Allerdings hätte der Chef den Trainee zuerst abmahnen müssen. Dass der junge Mann einige Zeit zuvor schon für einen Auftritt mit einem Plastik-Flamingo ermahnt worden war, reiche dafür nicht aus, so das Gericht. Das Arbeitsverhältnis wird fortgesetzt.

Darum geht es:

Wie berichtet, wurde der Trainee-Mitarbeiter in einem Unternehmen der Aufzugsbranche gekündigt: Er war im Spätsommer 2022 auf einer Betriebsfeier seines Arbeitgebers auf einem Restaurant- und Partyschiff am Kölner Ufer in den Rhein gesprungen. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hatte der Kündigungsschutzklage stattgegeben (bund-verlag.de, 12.7.2023). Die Kündigung sei mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam.

Das sagt das Landesarbeitsgericht

In der mündlichen Verhandlung brachte das Landesarbeitsgericht (LAG) den Kläger und seine Arbeitgeberin zu einer gütlichen Einigung: Das Arbeitsverhältnis wird ab Ende Juli fortgesetzt, der Trainee-Mitarbeiter akzeptiert für das Bad im Rhein eine Abmahnung, die in seine Personalakte aufgenommen wird. 

Zum bisherigen Fall nahm die 3. Kammer des LAG Düsseldorf rechtlich Stellung:

  • Die Kammer teilte die Argumentation des Arbeitsgerichts zur fehlerhaften Betriebsratsanhörung nicht.
  • Der Mitarbeiter habe, auch wenn ein Verdacht des Drogenkonsums nicht belegt wurde, mit seinem Verhalten auf der Betriebsfeier indes eine Pflichtverletzung mit Bezug zum Arbeitsverhältnis begangen; Mit dem Schwimmen im Rhein habe er sich selbst aufgrund der Strömungen und des Schiffsverkehrs potenziell in Lebensgefahr begeben. Er habe potenziell Dritte gefährdet, die zum Helfen hätten veranlasst werden können.
  • Letztlich war die Kündigung nach Ansicht der Kammer aber nicht verhältnismäßig. Eine Abmahnung sei nicht entbehrlich, sondern das richtige und vorrangige Mittel als Reaktion auf die Pflichtverletzung gewesen.
  • Auch der von der Arbeitgeberin gestellte Auflösungsantrag (§ 9 KSchG) hatte keinen Erfolg: Zwar habe der Kläger auf einer früheren Firmenveranstaltung im Juni 2022, bei der streitig war, ob auch Kunden anwesend waren, mit einem lebensgroßen Deko-Plastik-Flamingo getanzt. Mit diesem sei er anschließend mit dem Aufzug zu einem Bildautomaten gefahren und habe dort Selfies gemacht.
  • Da die Arbeitgeberin den Kläger für dieses Verhalten zuvor lediglich ermahnt hatte, hatte sie selbst zum Ausdruck gebracht, dass es nicht geeignet war, einer künftigen gedeihlichen Zusammenarbeit der Parteien entgegenzustehen.

Arbeitsverhältnis wird fortgesetzt

Auf Vorschlag der Kammer verständigten die Parteien sich dann wie folgt:

  1. Das Arbeitsverhältnis wird fortgesetzt und der Kläger tritt am Montag, den 24.07.2023 seinen Dienst wieder an.
  2. Die Arbeitgeberin erteilt ihm eine Abmahnung wegen der Störung des Betriebsfriedens und der potenziellen Eigen- und Fremdgefährdung durch das Schwimmen im Rhein neben dem Rheinschiff während der Betriebsfeier.
  3. Der Trainee akzeptiert diese Abmahnung und ist einverstanden, dass sie zur Personalakte genommen wird. Damit ist der Rechtsstreit -gütlich- erledigt.

Hinweis für die Praxis

In diesem Fall ist der Rechtsstreit gütlich erledigt worden - Möglicherweise hat das Gericht dem Trainee-Mitarbeiter mit Anfang 20 noch eine ähnliche Entwicklungsphase wie einem Auszubildenden zugestanden - darauf verlassen sollte man sich aber nicht. Der Fall zeigt aber, dass auch bei verhaltensbedingten Kündigungen in der Regel eine Abmahnung erforderlich ist - ohne sie kann der Arbeitgeber nur in sehr gravierenden Fällen kündigen - das "ausgelassene Verhalten" des Trainee-Mitarbeiters auf den Firmenfeiern war wohl aus Sicht der Gerichte kein solcher Fall.

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

LAG Düsseldorf (18.07.2023)
Aktenzeichen 3 Sa 211/23
LAG Düsseldorf, Pressemitteilung vom 18.7.2023
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