Agile Arbeit

Agile Methoden in der öffentlichen Verwaltung?

21. März 2022
betriebsrat-beschäftigtendatenschutz

Wir stehen vor ökologischen, sozialen und gesundheitlichen Herausforderungen. Das verlangt ein flexibles Vorgehen, schnelle Entscheidungen und entschlossenes Handeln der Verwaltung. Ein Forschungsprojekt will wissen, ob agile Methoden dabei helfen können.

Ursprünglich kommt agiles Arbeiten aus der Softwareentwicklung, mittlerweile verbreitet es sich in verschiedenste Unternehmensbereiche der Industrie. Agilität fördert Selbstorganisation, setzt auf Rollen statt Hierarchie und bietet neue Methoden für Kollaboration. In der Verwaltungscommunity wird eine solche agile Arbeit zwar bereits breit diskutiert, die Forschung zur »agilen Verwaltung« steckt allerdings noch in den Kinderschuhen (Rölle 2020, S. 5). Es ist daher dringend nötig, weitere empirische Einblicke zu gewinnen: Wie können die Chancen und Potenziale agilen Projektmanagements auch für die öffentliche Verwaltung nutzbar gemacht werden?

Was ist gute agile Arbeit?

Was macht überhaupt gute agile Arbeit aus? Das wurde in dem Projekt »Gute agile Projektarbeit in der digitalisierten Arbeitswelt« in der Industrie erforscht (diGAP 2021). Notwendig ist, dass:

  • das Team über die zur Planung nötigen Ressourcen (personell, ökonomisch) verfügt
  • der Extensivierung und Intensivierung der Arbeit bewusst entgegengewirkt wird
  • die Vermittlung von methodischen Kompetenzen praxis- und zeitnah in den Arbeitsprozess integriert wird
  • die Entwicklung einer offenen Teamkultur als stetige Aufgabe ermöglicht wird
  • Kund:innen an (methodisch und fachlich) relevanten Stellen einbezogen werden
  • vonseiten des Managements die Selbstorganisation des Teams durch das Abgeben von Entscheidungskompetenzen ermöglicht wird,
  • die genannten Kriterien nachhaltig und auf Dauer gesichert, gefördert und unterstützt werden (Pfeiffer 2021, S. 9 f.). 

Diese Anforderungen an gute agile Arbeit gelten grundsätzlich auch für die Umsetzung in der öffentlichen Verwaltung. Die Realisierung in der Praxis ist jedoch keineswegs banal. Agiles Projektmanagement ist für viele Beschäftigte Neuland und die Versuchung ist groß, nur einzelne Elemente des agilen Projektmanagements und die damit verbundenen Versprechungen für die eigene Arbeit zu nutzen, etwa, um verkrustete Arbeits- und Kooperationsstrukturen aufzubrechen. Das gilt gerade auch deshalb, weil bürokratische Organisationen der öffentlichen Verwaltung tendenziell starre institutionalisierte Strukturen aufweisen und diese – anders als in der freien Wirtschaft – nicht einfach über Bord geworfen werden können. Entsprechend unterscheiden sich Organisationsstrukturen und -kulturen der öffentlichen Verwaltung maßgeblich von denen der Industrie.

Was ist in der Verwaltung anders?

Wir hatten Einblick in verschiedene Felder der öffentlichen Verwaltung und haben uns gefragt: Welche Chancen, aber auch Hürden und systematische Grenzen gibt es für Agilität in der öffentlichen Verwaltung? Wo können Entlastungsversprechen für die Beschäftigten realisiert werden und wo besteht die Gefahr zusätzlicher Belastungen durch die Einführung agiler Konzepte? Dafür konnten wir Impulse aus insgesamt 22 Interviews in einem Staatsministerium, der Polizei, einer Stadtverwaltung und einem kommunalen Krankenhaus erhalten.

Um herauszufinden, welche Herausforderungen sich für die öffentliche Verwaltung in Bezug auf agile Methoden ergeben, haben wir erst einmal das Selbstbild der Verwaltungsmitarbeiter:innen unter die Lupe genommen. Wir haben gefragt: »Wie agil können öffentliche Verwaltungen und Betriebe aus Ihrer Sicht sein? Wo stößt Agilität aus Ihrer Perspektive an andere Grenzen, als es in den Entwicklungsabteilungen der Industrie der Fall ist«? Darauf haben wir unterschiedliche Antworten erhalten, die sich in drei Dimensionen ordnen lassen:

1. In der öffentlichen Verwaltung besteht weniger Innovationsdruck als in der Industrie.

  • Die Ökonomisierung macht sich vor allem durch Sparmaßnahmen bemerkbar.
  • Es ist oft keine direkte Konkurrenz vorhanden.
  • Einerseits gibt es Ressourcenknappheit, andererseits geht das Geld nicht aus, da die Funktionsfähigkeit gewährleistet sein muss.
  • Eine offene Fehlerkultur steht im Spannungsverhältnis zum Anspruch des Verwaltungshandelns auf Rationalität und Fehlerfreiheit.

(...)

Mehr lesen?

Den vollständigen Betirag von Stephanie Porschen-Hueck, Tobias Ritter, Samuel Rieger und Kurt Rachlitz lesen Sie in »Computer und Arbeit« 3/2022. Weitere Highlights:

  • MITBESTIMMUNG: Wozu braucht der Personalrat einen IT-Ausschuss?
  • DSGVO: Auch Gremien müssen löschen!
  • PRAXIS: Wie sicher ist ein Fax?

Jetzt 2 Ausgaben gratis testen!

© bund-verlag.de (ct)

Newsletter 2024 viertel - Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren