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Schadenersatzanspruch im Dieselskandal

03. Februar 2022
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Quelle: © Marco2811 / Foto Dollar Club

Die Kündigung eines VW-Chefentwicklers im Zusammenhang mit dem Dieselskandal war unzulässig. Zudem kann der Entwickler Schadenersatz nach Art. 82 DSGVO verlangen, weil VW nur unvollständig und verzögert Auskunft darüber gegeben hat, welche Daten über den Beschäftigten im Konzern gespeichert sind - so das LAG Niedersachsen.

Das war der Fall

Es geht um die fristlose Kündigung eines früheren VW-Chefentwicklers für Dieselmotoren mit einem Brutto-Jahresgehalt von 500.000 €. Zu seinen Hauptaufgaben gehörte die Entwicklung des „Clean Diesel“ für den amerikanischen Markt. Der VW Konzern warf dem Entwickler vor, die Verwendung einer Manipulationssoftware bei Motoren für den US-amerikanischen Markt nicht unterbunden und diese Thematik nicht an geeignete Stellen im Unternehmen gemeldet zu haben. Das Unternehmen kündigte dem Entwickler daher fristlos.

Der Beschäftigte hatte zuvor mehrfach Auskunft über die im Betrieb zu seiner Person gespeicherten Daten verlangt. Der Arbeitgeber hatte die Auskunft mehrfach erheblich verzögert.

Dagegen geht der Entwickler vor. Er verlangt die Unwirksamkeit der Kündigung, zudem Schadenersatzansprüche wegen rechtwidrigen Umgangs mit personenbezogenen Daten, hilfsweise die Zahlung von Schmerzensgeld.

Das sagt das Gericht

Die fristlose Kündigung war unzulässig. Vor allem aber kommt das LAG zu dem Schluss, dass dem Arbeitnehmer durch die verspätete und inhaltlich nicht vollständige Auskunft über gespeicherte personenbezogene Daten ein immaterieller Schaden entstanden ist.  Das Gericht spricht ihm deshalb einen Schadenersatzanspruch zu.

VW hatte das Auskunftsverlangen des Arbeitnehmers nach Art. 15 DSGVO zu spät und vor allem nicht vollständig beantwortet. Die Frist von einem Monat wurde schon gleich verlängert mit dem Hinweis, man benötige mehr Zeit. Anhänge von Dokumenten fehlten und auch Bewertungen von Rechtsabteilungen, die den Arbeitnehmer betrafen, waren nicht enthalten Das Gericht vermutet ein Verschulden des Arbeitgebers nach Art. 82 Abs. 3 DSGVO; da dieser nichts Gegenteiliges vorgetragen habe.

Keine Erheblichkeitsschwelle für Schmerzensgeldanspruch nach DSGVO

Dem Beschäftigten sei durch die verspätete und inhaltlich nicht vollständige Auskunft ein Schaden entstanden. Das LAG verneint die Notwendigkeit für eine „Erheblichkeitsschwelle“ für einen Schmerzensgeldanspruch. Eine solche Schwelle widerspreche – so die Richter – dem Verständnis der DSGVO, da eine Vielzahl von Fallgestaltungen denkbar seien, in denen Betroffene trotz Verstößen gegen die Regelungen der DSGVO keine Kompensation erhielten. Außerdem verweist das LAG auf die abschreckende Wirkung von Schmerzensgeldern.

Die Höhe des Schmerzensgeldes von 1.250 € setzt sich zusammen aus der verspäteten Auskunft um ca. zwei Monate in Höhe von 250 € und der inhaltlich unzureichenden Auskunft in Höhe von 1.000 €. Dabei berücksichtigt das Gericht seine Vermutung, dass der Arbeitgeber bewusst bestimmte Informationen zurückgehalten habe.

Das muss der Betriebs- oder Personalrat wissen

Damit wird die Rechtsprechung zum Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO und den entsprechenden Schadenersatzansprüchen bei fehlender Auskunft zunehmend unübersichtlich. Noch sind wohl die Mehrheit der Gerichte der Auffassung, dass es einer Erheblichkeitsschwelle für den Schaden bedarf. Teilweise wird wohl überlegt, den EuGH mit der Frage zu konfrontieren, wann ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht und eine Erheblichkeitsschwelle zu berücksichtigen ist.

© bund-verlag.de (fro)

Quelle

LAG Niedersachsen (22.10.2021)
Aktenzeichen 16 Sa 761/20
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