Betriebsratswahl

7 Fragen zum vereinfachten Wahlverfahren

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Quelle: Reinhard Alff

Das vereinfachte Wahlverfahren ist alles andere als einfach. Die kürzeren Fristen setzen den Wahlvorstand erheblich unter Druck. Für das Vorbereiten der Stimmzettel und der Briefwahlunterlagen bleibt häufig kaum Zeit. Die Wahl wird daher fehleranfällig.

1. Für wen gilt das vereinfachte Wahlverfahren?

Das hängt von der Größe des Betriebs ab. Seit Inkrafttreten des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes gelten folgende Schwellenwerte (§ 14a BetrVG): in Betrieben mit bis zu 100 wahlberechtigten Beschäftigten gilt zwingend das vereinfachte Wahlverfahren. In Betrieben zwischen 101 und 200 Mitarbeitern können Wahlvorstand und Arbeitgeber das vereinfachte Wahlverfahren vereinbaren. Kommt es nicht zu einer Einigung, kommt das normale Wahlverfahren zur Anwendung. Die Entscheidung für das falsche Wahlverfahren macht die Wahl anfechtbar.

Achtung: Es kommt auf die Wahlberechtigung an!

Für die o.g. genannten Zahlen ist zu beachten, dass sie auf wahlberechtigte Beschäftigte abzielen. Leiharbeitnehmer beispielsweise zählen bei den Schwellenwerten mit. Beispiel: Hat ein Betrieb 200 Beschäftigte und 20 Leiharbeitnehmer, so bleibt nur das normale Wahlverfahren, weil 220 wahlberechtigte Beschäftigte im Betrieb sind.

2. Welche Schritte muss der Wahlvorstand im vereinfachten Verfahren erledigen?

Ist der Wahlvorstand – meist durch den amtierenden Betriebsrat – bestellt, so muss er sich an die Arbeit machen. Folgende Schritte sind wichtig:

  • Wählerliste erstellen
  • Größe des Gremiums bestimmen (mithilfe des Rechners der Software Betriebsratswahl 2022 )
  • Minderheitengeschlecht bestimmen (mithilfe der Software Betriebsratswahl 2022)
  • Anzahl der Sitze für das Minderheitengeschlecht im Betriebsrat bestimmen (mithilfe der Software Betriebsratswahl 2022)
  • Tag der Stimmabgabe und Stimmauszählung festlegen
  • Wahlausschreiben vorbereiten und aushängen (ggf. auch per Mail versenden)
  • Abdruck der Wählerliste auslegen (mit Vor- und Nachnahme, aber aus datenschutzrechtlichen Gründen ohne Geburtsdatum!)
  • Wahlordnung auslegen

3. Welche Fristen gelten beim vereinfachten Wahlverfahren?

Das vereinfachte Verfahren zeichnet sich durch kürzere Fristen als beim normalen Wahlverfahren aus. Viele Fristen sind so kurz, dass dem Wahlvorstand kaum Zeit für seine Arbeit bleibt. Hier eine Übersicht:

  • Bestellung des Wahlvorstands: bis vier Wochen vor Ablauf der Amtszeit des amtierenden Betriebsrats (§ 17a BetrVG).
  • Betriebsratswahl: der Wahltag (Wahlversammlung genannt) sollte spätestens zwei Wochen vor Amtszeitende des bestehenden Betriebsrats sein (so die Empfehlung von Berg/Heilmann, unter Rn. 437 in der Software Betriebsratswahl 2022).
  • Einsprüche gegen die Wählerliste: bis drei Tage nach Erlass des Wahlausschreibens (§ 31 Abs. 1 Nr. 3 WO)
  • Vorschläge für Kandidaten: bis eine Woche vor Betriebsratswahl (§ 14a Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Achtung: Diese Frist ist extrem kurz. Denn erst bei Vorliegen aller Kandidaten kann der Wahlvorstand die Stimmzettel zur Wahl drucken und die Briefwahlunterlagen vorbereiten! (siehe unten)
  • Nachträgliche Stimmabgabe: Beschäftigten, die die am Tag der Stimmabgabe bzw. Wahlversammlung verhindert sind, ist Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu geben (§ 14a Abs. 2 BetrVG).  Diese Stimmabgabe kann ausnahmsweise NACH der Wahlversammlung erfolgen. Eine Frist nennt das Gesetz nicht, empfohlen wird eine Frist bis zu vier Tagen.

4. Was ist bei den Kandidatenvorschlägen und Stützunterschriften zu beachten?

Frist: 

Wahlvorschläge können nach § 14a Abs. 3 S. 2 BetrVG noch bis eine Woche vor der Wahl des Betriebsrats eingereicht werden. Mit dieser extrem kurzen Frist wird der Wahlvorstand erheblich unter Druck gesetzt. Denn er kann erst dann die Wahlvorschläge bekannt machen, die Stimmzettel drucken lassen und die Briefwahlunterlagen an die Briefwähler versenden, wenn ihm die Kandidaten bekannt sind.

Unterschrift:

Jeder Kandidatenvorschlag muss von dem Kandidaten selbst unterzeichnet werden – und zwar im Original. Eine eingescannte Unterschrift reicht nicht. Die Vorschläge können daher auch nicht digital übermittelt werden. Der Grund ist: Niemand soll gegen seinen Willen kandidieren müssen.

Stützunterschriften:

Stützunterschriften sollen absichern, dass Vorschläge auch wirklich ernst gemeint sind und eine Chance auf Erfolg haben. Allerdings sind in Kleinstbetrieben bis zu 20 Mitarbeitern die Stützunterschriften nicht mehr nötig. Bis zu 100 Mitarbeitern sind pro Wahlvorschlag zwei Stützunterschriften nötig. In Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen sind Stützunterschriften von mindestens 1/20 der wahlberechtigten Beschäftigten erforderlich.

5. Ist im vereinfachten Wahlverfahren eine Briefwahl möglich?

Ja. Genau wie beim normalen Wahlverfahren gibt es nach § 24 WO die Möglichkeit, Briefwahl zu machen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, von denen sicher bekannt ist, dass sie wegen der Art ihrer Tätigkeit am Wahltag nicht im Betrieb anwesend sind (z. B. Homeoffice, Telearbeit, Außendienst) oder die aus sonstigen Gründen voraussichtlich nicht im Betrieb sind (Elternzeit, lange Krankheit), muss der Wahlvorstand die Briefwahlunterlagen sogar neuerdings unaufgefordert zusenden (§ 24 WO). Ansonsten besteht die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Briefwahl zu beantragen.

Briefwahl bei Homeoffice:

Heftig diskutiert wird derzeit die Frage, wie es mit den Beschäftigten aussieht, die derzeit relativ flexibel ihre 2-4 Tage Homeoffice pro Woche selbst bestimmen können. Unsere juristischen Fachexperten der Betriebsratswahlen 2022 gehen davon aus, dass ab zwei Tagen Homeoffice pro Woche der Wahlvorstand unaufgefordert Briefwahlunterlagen zusenden muss, sofern diese Tage unvorhersehbar genommen werden. Siehe im Detail dazu hier unter Nr. 10.

Fristen für die Briefwahl:

Das Problem bei der Briefwahl im vereinfachten Verfahren sind vor allem die extrem kurzen Fristen. Erst eine Woche vor der eigentlichen Wahl sind dem Wahlvorstand die Kandidaten bekannt. Daher kann er erst dann die Briefwahlunterlagen fertig stellen. Das Hin- und Rücksenden der Briefwahlunterlagen wird jedenfalls bis über den eigentlichen Wahltag dauern, so dass beim vereinfachten Verfahren das Ergebnis häufig erst später feststeht.

6. Gilt im vereinfachten Verfahren die Listen- oder Personenwahl?

Im vereinfachten Wahlverfahren findet grundsätzlich immer eine Personenwahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl statt: Jeder wahlberechtigte Arbeitnehmer hat so viele Stimmen wie Betriebsräte zu wählen sind und kreuzt einzelne Kandidaten an. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. Listen gibt es nicht.

7. Wie läuft die eigentliche Stimmabgabe am Wahltag bei der Betriebsratswahl ab?

Die Wahl des Betriebsrats im vereinfachten Verfahren findet im Rahmen einer sogenannten Wahlversammlung statt. Durch den im Gesetz verwendeten Begriff »Wahlversammlung« sollte man sich allerdings nicht irritieren lassen. Der Betriebsrat wird auch hier – wie im normalen Wahlverfahren – in einem Wahllokal gewählt, und zwar in geheimer (Wahlkabine) und unmittelbarer (durch den wahlberechtigten Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin selbst) Wahl. Zwei Wahlvorstände (oder ein Wahlvorstand und ein Wahlhelfer) müssen den Ablauf der BR-Wahl überwachen.

Zu den Details rund um die Wahlversammlung in Pandemiezeiten siehe hier das Interview mit unseren Experten Peter Berg und Micha Heilmann.

© bund-verlag.de (fro)

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