Arbeitszeit

7 Fragen zur Mitbestimmung bei der Arbeitszeit

28. April 2017
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Quelle: © rdnzl / Foto Dollar Club

Die Arbeitszeit zu regeln, zählt zum Kerngeschäft des Betriebsrats. Er hat hier weitreichende Mitbestimmungsrechte (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Nur auf die Dauer der Arbeitszeit hat er keinen Einfluss. Wir beantworten die 7 wichtigsten Fragen. Zum tieferen Nachlesen empfehlen wir »Arbeitszeitgesetz« von Buschmann/Ulber.

1. Der Arbeitgeber führt die 40-Stundenwoche ein. Mitbestimmungspflichtig?

Nein. Auf die Dauer der Arbeitszeit hat der Betriebsrat keinen Einfluss. Sie ist der Mitbestimmung entzogen. Die für die Mitbestimmung bei der Arbeitszeit zentrale Vorschrift § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG spricht davon, dass die Mitbestimmung sich auf »Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage und auf die Pausen« erstreckt. Damit ist die Dauer der Arbeitszeit ausdrücklich nicht erwähnt. Üblicherweise werden Umfang und Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit im Tarifvertrag geregelt. Oder auch in den Arbeitsverträgen der Beschäftigten. Will der Arbeitgeber aber von der festgelegten Dauer abweichen und die Arbeitszeit für einen gewissen Zeitraum verlängern (Überstunden) oder verkürzen (Kurzarbeit), so muss der Betriebsrat mitbestimmen. Dies allerdings nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.

2. Hat der Betriebsrat bei Schichtplänen mitzubestimmen?

Ja. Denn es geht um Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und das Verteilen der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Hier hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Will der Arbeitgeber Schichtarbeit einführen, so muss er alle Regelungen dazu im Detail mit dem Betriebsrat abstimmen. Laut Rechtsprechung muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass bei den Schichtplänen die »Interessen der Arbeitnehmer an der Lage der Arbeitszeit mit ihren Privatbelangen in Einklang« gebracht werden. Das heißt konkret: Bei Regelungen zur Schichtarbeit bestimmt der Betriebsrat mit, ob überhaupt in Schicht gearbeitet wird und wie die Schichtpläne aussehen: etwa wie viele Schichten gefahren, wie die Mitarbeiter den Schichten zugeordnet werden und welche Leiharbeitnehmer wann arbeiten.

3. Ist Gleitzeit mitbestimmungspflichtig?

Ja. Zwar nicht beim Umfang der regulären Arbeitszeit. Aber bei allem, was zu Beginn und Ende der Arbeitszeit einschließlich der Pausen geregelt wird, muss der Betriebsrat mitbestimmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG): Dazu zählen Vereinbarungen zu Gleitzeit (»gleitender Arbeitszeit«), Kernarbeitszeit, Vertrauensarbeitszeit und sonstige flexible Arbeitszeitmodelle. Üblicherweise sind es Betriebsvereinbarungen, die diese Arbeitszeitregeln bis hin zur Arbeitszeiterfassung präzise festschreiben. Darunter fallen auch immer häufiger Arbeitszeitkonten, die im Gegensatz zum Gleitzeitmodell einen längerfristigen Ausgleich des Zeitkontos möglich machen. Durchaus auch ein Lebensarbeitszeitkonto, das den sich ändernden Wünschen der Beschäftigten während ihres Arbeitslebens Rechnung trägt. In allen diesen Fällen hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.

4. Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst: Mitbestimmungspflichtig?

Ja. Beides sind Arbeitszeitmodelle, bei denen sich Beschäftigte abrufbereit halten müssen, bis sie zum Arbeitseinsatz kommen. Bei der Rufbereitschaft – auch Hintergrunddienst genannt – kann der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort zwar frei bestimmen, muss allerdings mobil erreichbar und in der Nähe des Einsatzortes bleiben. Die Zeit der Rufbereitschaft liegt außerhalb der Arbeitszeit und ist nicht vergütungspflichtig. Beim Bereitschaftsdienst muss sich der Arbeitnehmer an einem mit dem Arbeitgeber vereinbarten Ort aufhalten. In der Regel ist das der Betrieb. Der Bereitschaftsdienst ist nach einem neuen Urteil des BAG (29.6.2016 – 5 AZR 716/15) mit dem Mindestlohn zu vergüten. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besteht in beiden Fällen.

5. Sind Regelungen zum Anlegen von Dienstkleidung mitbestimmungspflichtig?

Ja. Denn ist die Dienstkleidung so auffällig, dass ein Tragen in der Öffentlichkeit nicht zumutbar, nur im Interesse des Betriebs und daher »fremdnützig« ist, sind Ankleiden und Umkleiden als Arbeitszeit anzusehen. Alle Regelungen dazu unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats. Gibt der Arbeitgeber etwa die Anweisung, die Firmenkleidung vor Beginn und nach dem Ende der durch die Zeiterfassungsanlage erfassten Arbeitszeit an- und auszuziehen, dann hat der Arbeitgeber die Lage der Arbeitszeit geändert. Die Folge: das unterliegt der Mitbestimmung.

6. Kann eine Gleitzeitregel eine Kappung nach 10 Stunden pro Tag vorsehen?

Ja. Das können die Betriebsparteien so aushandeln. Eine Gleitzeitregel legt den zeitlichen Rahmen der Arbeitszeit fest. Beispielsweise: Montag bis Freitag Arbeitsbeginn um 6:30 Uhr und spätmögliches Arbeitsende um 21:00 Uhr. Innerhalb dieses Zeitrahmens können die Arbeitnehmer Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit selbst bestimmen und Gleitzeit nehmen. Ist zudem geregelt, dass die werktägliche Arbeitszeit zehn Stunden nicht überschreiten darf, so kann die darüber hinaus geleistete Arbeitszeit durchaus gekappt werden. Sie wird dann nicht dem Gleitzeitkonto zugeführt. Hiermit haben die Betriebsparteien erkennbar ein Arbeitszeitregime geschaffen, das den Arbeitnehmern ein hohes Maß an Zeitsouveränität erlaubt und zugleich sicherstellt, dass die gesetzlichen Höchstgrenzen des Arbeitszeitrechts beachtet bleiben. Das entspricht dem Regelungsauftrag des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG (BAG 10. 11. 2009 – 1 ABR 54/08).

7. Kann der Betriebsrat Arbeitszeitregelungen von sich aus vorschlagen?

Ja. Wie bei jedem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat auch bei Fragen zur Lage der Arbeitszeit ein Initiativrecht. Der Betriebsrat kann also von sich aus vorpreschen und dem Arbeitgeber Gleit- oder Vertrauensarbeitszeit vorschlagen. Kommt keine Einigung mit dem Arbeitgeber zustande, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Diese entscheidet dann für beide Seiten verbindlich.

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