DBRP-Juror im Interview

Arbeit auf Augenhöhe

03. April 2023
Tietel_Erhard

Wie funktioniert Mitbestimmung auf Augenhöhe? Ein Interview mit Erhard Tietel, Professor am Zentrum für Arbeit und Politik der Universität Bremen.

In Betrieben mit langjähriger Betriebsratstradition ist sie oftmals kein Problem, die Augenhöhe. Der Arbeitgeber hat dort gelernt, dass es Sinn macht den Betriebsrat frühzeitig einzubinden – auch mit Informationen. In kleinen und mittleren Unternehmen oder neu aufgestellten ist das meist ein Problem – die Betriebsräte werden oft außen vorgelassen oder nur widerwillig einbezogen.

Wie erreichen Betriebsräte die oft als fehlend beklagte Augenhöhe? Drei Tipps

Indem sie ihre Anliegen gründlich vorbereiten und sich nicht scheuen, diese mit Nachdruck zu vertreten – wenn es sein muss bis zum Gericht. Indem sie für ein Arrangement mit dem Arbeitgeber – beispielsweise Eskalationsstufen – sorgen, in dem vereinbart wird, wer wann verantwortlich ist und wie im Konfliktfall vorgegangen wird. Und – dies ist der wichtigste Punkt – dass man an seiner eigenen inneren Augenhöhe arbeitet. Augenhöhe kriegt man nicht verliehen, man muss sie sich erarbeiten, manchmal erstreiten und hierbei die eigene Autorität stärken. Um Augenhöhe zu erreichen, muss ich mich erstmal selbst auf Augenhöhe fühlen und präsentieren.

Was zeichnet einen »gestaltenden« Betriebsrat aus?

Erstens, dass er nicht nur auf Aktivitäten des Arbeitgebers reagiert, sondern seine eigenen Ziele klärt, Prioritäten setzt und von sich aus Themen besetzt, sprich: in wichtigen Zukunftsfragen dem Arbeitgeber auch mal vorweg ist. Zweitens, dass er sich eine Struktur gibt, die ihm erlaubt, die anstehenden Herausforderungen arbeitsteilig zu bearbeiten – nicht nur in traditionellen Ausschüssen, sondern auch in agilen Arbeitsgruppen – und vor allem beteiligungsorientiert. Dass er die internen Zuständigkeiten und Verantwortungen klärt und für die nötigen Ressourcen und Qualifikationen seiner Mitglieder sorgt – auch für Nachrücker. Und dass er drittens im Blick hat, dass ein Gremium aus Menschen besteht, die ihre eigenen Interessen, Bedürfnisse und Emotionen mit ins Gremium bringen und auch diese Beziehungsebene der Gestaltung und der »Pflege« bedarf.

Warum unterstützen Sie als Juror bereits zum neunten Mal in Folge den Deutschen Betriebsräte-Preis?

Weil mich immer noch begeistert, mit welchem Elan Betriebsräte zukunftsträchtige Projekte für ihre Beschäftigten entwickeln und angehen und unwilligen Arbeitgebern in kämpferischen Prozessen Augenhöhe abringen.

Das Interview führte Christof Herrmann, Pressesprecher des Bund-Verlags.

Aus: Arbeitsrecht und Betrieb (AiB) 4/2023, S. 25

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JETZT FÜR DEN DEUTSCHEN BETRIEBSRÄTE-PREIS 2023 BEWERBEN!

Der Deutsche Betriebsräte-Preis, eine Initiative unserer Fachzeitschrift »Arbeitsrecht im Betrieb« unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, würdigt seit dem Jahr 2009 vorbildliche Leistungen von Betriebsräten und weiteren betrieblichen Interessenvertretungen. Preiswürdig sind Projekte, die beispielsweise Arbeitsbedingungen nachhaltig verbessern, Arbeitsplätze sichern oder Krisen im Betrieb meistern. Die aktuelle Bewerbungsfrist läuft bis zum 30.4.2023. Gesucht werden Initiativen aus dem Zeitraum ab 2021.

Alle Informationen zur Bewerbung unter www.dbrp.de


 

 

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