Geheimnisschutz-Gesetz

Kommt bald ein Maulkorb für Betriebsräte?

21. September 2018
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Quelle: © yvonneweis / Foto Dollar Club

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) befürchtet, dass das geplante Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen die Arbeit der Betriebsräte erschwert und Arbeitnehmer kriminalisiert, die auf Misstände aufmerksam machen. Das Gesetz drohe zum »Maulkorb für Beschäftigte und ihre Interessenvertreter« zu werden – so DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach in der »Frankfurter Rundschau«.

Wie auf bund-verlag.de berichtet, hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) im Juli den Entwurf für ein Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (kurz: GeschGehG) vorgelegt. Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung einer EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (Richtlinie EU/2016/943 vom 8.6.2018).

Kritik bereits am Referenten-Entwurf

Der neuen Fassung war im Frühjahr 2018 ein Referentenentwurf (19.4.2018) vorausgegangen und auf heftigen Widerspruch gestoßen. Medienvertreter befürchteten Einschränkungen der journalistischen Arbeit und der Pressefreiheit. Auch der DGB hatte den Entwurf kritisiert. Der Entwurf greife »massiv und weit über das in der umzusetzenden EU-Richtlinie vorgegebene Maß in bestehende Rechte der betrieblichen wie auch der Mitbestimmungsorgane auf Unternehmensebene ein.«, heißt es in einer DGB-Stellungnahme vom 18.5.2018.

DGB: Auch die neue Fassung bedroht die Mitbestimmung

In der neuen Fassung sollten die Rechte der Arbeitnehmer und Betriebsräte angemessen geschützt werden. Aber auch beim im Juli vorgelegten Regierungsentwurf fällt dies offenbar schwer. Das Problem beginnt für Annelie Buntenbach, Mitglied im DGB-Bundesvorstand, schon damit, dass praktisch Unternehmer und Manager allein entscheiden, was in ihrem Unternehmen oder Betrieb als Geschäftsgeheimnis gelten soll. Geheimnis könnten, so Buntenbach in einem Beitrag in der Frankfurter Rundschau, auch »eine Software zur Manipulation von Abgasen« oder »Informationen über eine geplante Entlassung oder Werkschließung« sein, oder sogar individuelle Fachkenntnisse der Arbeitnehmer.

Bisher sei die Geheimhaltung durch die Verschwiegenheitspflichten von Betriebsräten, Personalräten und Aufsichtsratsmitgliedern sichergestellt gewesen. Diese Pflichten sind in den gleichen Gesetzen geregelt, die auch den Betriebs- und Personalräten ihre Informations- und Unterrichtungsrechte garantieren. Das geplante GeschGehG setze das Gleichgewicht aufs Spiel und sei »eine Rolle rückwärts in vorindustrielle Zeiten«, in denen der »der Patriarch« (d. h. der Unternehmensinhaber) allein über die Geheimhaltung entschieden habe.

Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf beschlossen und dem Bundestag zugeleitet. Die Abgeordneten, fordert Buntenbach, »sollten genau abwägen, ob das der richtige Kurs für das digitale Zeitalter ist«.

Der Gesetzentwurf im Überblick

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum GeschGehG vom 18.7.2018 ist auf der Homepage des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz einzusehen, ebenso der Referentenentwurf vom 19.4.2018 (Links siehe unten).

Das regelt der Entwurf im Einzelnen:

  • Im ersten Teil findet sich in § 2 GeschGehG eine ausführliche Definition der Begriffe »Geschäftsgeheimnis« und »Rechtsverletzer«. §§ 3 bis 5 GeschGehG beschreiben »erlaubte Handlungen«, mit denen ein Geschäftsgeheimnis erlangt werden darf, »verbotene Handlungen« im Umgang mit Geschäftsgeheimnissen und Rechtfertigungsgründe, unter denen die Weitergabe und die öffentliche Bekanntgabe gerechtfertigt sind.
  • Der zweite Teil regelt Unterlassungs- und Schadeneratzansprüche (§§ 6-14 GeschGehG), der dritte Teil das gerichtliche Verfahren (§§ 15-22 GeschGehG), und der vierte Teil die Strafvorschriften (§ 23 GeschGehG). Für die rechtswidrige Verletzung von Geschäftsgeheimnissen drohen Geldstrafen ode Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren, in schweren Fällen bis zu fünf Jahren.

Was heißt das für Betriebsräte und Arbeitnehmer?

  • Den Arbeitnehmervertretungen, also insbesondere Betriebsräten und Personalräten, ist es nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 GeschGehG ausdrücklich »erlaubt«, Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers durch das Ausüben ihrer Informations- und Anhörungsrechte zu erlangen.
  • Nach § 3 Abs. 2 GeschGehG dürfen Geschäftsgeheimnisse genutzt und offengelegt werden, wenn ein anderes Gesetz dies gestattet. In der amtlichen Begründung des Entwurfs vom 18.7.2018 (S. 24) heißt es dazu, dass die gesetzlichen Rechte der Interessenvertretungen der Arbeitnehmer (also insbesondere der Betriebsräte, dem GeschGehG vorgehen. Arbeitgeber sollen das neue GeschGehG somit nicht zum Vorwand nehmen können, Rechte von Betriebsräten einzuschränken.
  • Zu den »Rechtfertigungsgründen« zählt nach § 5 Nr. 2 GeschGehG  auch die Veröffentlichung von Geheimnissen durch so genannte »Whistleblower«, die damit rechtswidrige Praktiken ihres Arbeitgebers aufdecken. Ausdrücklich gerechtfertigt sind nach § 5 Nr. 3 GeschGehG auch Arbeitnehmer, die dem Betriebsrat im Rahmen seiner Aufgaben Geheimgehaltenes mitteilen (siehe die amtliche Begründung des Entwurfs vom 18.7.2018, S. 27-28).

Weiterführende Informationen:

© bund-verlag.de (ck)

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