Interview mit dem SBV-Preisträger

Barrieren abbauen für vorbildliche Inklusion

24. März 2020
SBV-Preis

Blinde bei der Polizei: Das Projekt "Blinde Bedienstete in der Pollzei" gehört zur Inklusionsstrategie in Nordrhein-Westfalen. HSBV-Vorsitzende Erika Ullmann-Biller hat die Umsetzung begleitet

Was gab den Anstoß für das Projekt und wie lief die Umsetzung? Wie lange dauerte es?

Anstoß gab ein Ideengeber im Ideenmanagement des Innenministeriums NRW. Das wurde dann zunächst von der Entscheider-Gruppe als nicht zielführend abgelehnt. Da ich diese Ablehnung nicht nachvollziehen konnte, habe ich mich direkt an den damaligen Innenminister gewandt. Das war 2009. Er hat sofort seine Unterstützung zugesagt und es als Leuchtturmprojekt bestimmt. Danach sind der Landeskriminialdirektor und ich gemeinsam nach Belgien und Holland gefahren, um dort mit den bereits erfolgreich eingesetzten blinden Menschen in der Telefonüberwachung und den Verantwortlichen Erfahrungen auszutauschen und Informationen zu sammeln und mit nach NRW zu bringen.
 

Dann mussten Sie aber noch weitere Überzeugungsarbeit leisten?

Ja. Aber sobald der Landeskriminaldirektor davon überzeugt war, ging es an die Umsetzung. Das Innenministerium hat uns im ersten Ansatz zwei Stellen mit Budget, zugeordnet der Eingruppierung gehobener Dienst, zur Verfügung gestellt. Es wurden Stellenprofile gefertigt, ein Lehrgang mit Curriculum in Polizeirecht entwickelt, den die Stelleninhaber nach Einstellung absolvieren sollten und dann gemeinsam mit dem Berufsförderungswerk Düren geeignete Kandidaten und Kandidatinnen gesucht.

Klingt nach einem reibungslosen Ablauf!

Nicht ganz. Wir mussten leider einen Rückschlag erleiden. Wir wollten diese Menschen ebenfalls in der Telefonüberwachung einsetzen, mussten aber feststellen, dass unsere dort eingesetzte Software nicht barrierefrei ist. Also wurden gemeinsam neue Funktionen  gesucht – und auch gefunden. Und zwar im Analysebereich des LKA. Denn alle wollten dieses Projekt zum Erfolg führen. Der Prozess an sich hat etwa drei Jahre gedauert, danach wurden die ersten zwei blinden Bedienstete 2013 im Analysebereich des LKA eingestellt, im weiteren Verlauf wurden noch mal zwei Stellen für diese Zielgruppe vom Innenministerium zur Verfügung gestellt.

Und geht es noch weiter?

Das Projekt ist nicht beendet, es soll jetzt mit weiteren Planungen für neue Funktionen eventuell bei den großen Polizeipräsidien weitergehen. Auch wird zurzeit geprüft, ob das Projekt auf andere besonders betroffene schwerbehinderte Menschen ausgeweitet werden kann.

Welche anderen Beteiligten waren eingebunden und gab es neben Unterstützung auch Gegenwind?

Beteiligt waren die HSBV Polizei, der Landeskriminaldirektor, Verantwortliche beim LKA, Verantwortliche des LAFP, der Innenminister und seine zuständigen Referate und die Berufsförderungswerke in NRW und der Arbeitsagenturen.

Was würden Sie SBV-Kollegen für die Durchführung ähnlicher Projekte raten?

Nicht aufgeben, für gute Ideen kämpfen! Überzeugen ist besser als erzwingen und vor allem eines ist wichtig: Hartnäckig bleiben. Genauso wichtig ist die Teamarbeit. Wer  gemeinsam etwas voranbringen möchte, dem gelingt es auch. Und der Inklusionsgedanke muss ganz oben stehen. Wenn wir Barrieren in den Köpfen abbauen, dann gelingt Inklusion. Das Ergebnis hat überzeugt, denn wir haben sehr gute, hochqualifizierte blinde und sehbehinderte Menschen für die Polizei gewinnen können.

Zum Projekt: Die Hauptschwerbehindertenvertretung (HSBV) der Polizei Nordrhein-Westfalen hat mit dem Inklusionsprojekt den Sonderpreis SBV beim Deutschen Personalräte-Preis 2019 gewonnen. Das Projekt wird auch in Zukunft weitergeführt.

► Zum Beitrag "Barrieren abbauen für vorbildliche Inklusion" in der Zeitschrift "Der Personalrat" 3/2020, S.6.

► Onlinepräsentation der Preisträger

 

 

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