Krankenversicherung

Anspruch auf Krankengeld auch ohne AU-Bescheinigung

08. Juni 2017
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Quelle: © Bernd Leitner / Foto Dollar Club

Der Anspruch auf Krankengeld setzt nicht zwingend eine förmliche Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung voraus. Es kann ausreichen, dass ein Arzt formlos die Arbeitsunfähigkeit (AU) festgestellt hat. So das SG Leipzig in einem Fall, bei dem nach Ablauf der AU ein sofortiger Arztbesuch nicht möglich war.

Erlischt der Anspruch auf Krankengeld, wenn nach Ablauf der Arbeitsunfähigkeit ein sofortiger Arztbesuch wegen ungünstiger Sprechzeiten nicht möglich war und die sich anschließende Krankschreibung daher rückwirkend erfolgte? Mit dieser Frage hatte sich das Sozialgericht (SG) Leipzig zu befassen.

Krankengeld ist eine Entgeltersatzleistung der gesetzlichen Krankenversicherung und wird insbesondere dann gezahlt, wenn ein Versicherter infolge einer länger als sechs Wochen andauernden Krankheit arbeitsunfähig ist. Wegen derselben Krankheit wird Krankgeld längstens für 78 Wochen gewährt. Das (Brutto-) Krankengeld beträgt 70 % des regelmäßigen beitragspflichtigen (Brutto-) Arbeitsentgelts jedoch höchstens 90 % des Nettoarbeitsentgelts.

Die Klägerin war nach einem erlittenen Polytrauma an einem Freitag aus einer stationären Anschlussheilbehandlung entlassen worden. Wegen ungünstiger Sprechzeiten des Hausarztes erhielt sie bei diesem erst am folgenden Dienstag einen Termin zur Untersuchung. Der Hausarzt bescheinigte ihr rückwirkend auf den Entlassungstag Arbeitsunfähigkeit. Bereits während der stationären Anschlussheilbehandlung hatte ein Klinikarzt gegenüber der Krankenkasse mitgeteilt, dass die Klägerin für die nächsten fünf Monate arbeitsunfähig sein werde.

Krankenkasse verweigert Zahlung von Krankengeld

Die Krankenkasse verweigert eine Krankengeldzahlung und beruft sich hierzu auf § 46 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Sie ist der Auffassung, bei dieser ärztlichen Feststellung sei die Klägerin bereits nicht mehr krankengeldberechtigt gewesen, so dass ihr die rückwirkende Bescheinigung auch keinen Krankengeldanspruch mehr habe verschaffen können.

»Der Anspruch auf Krankengeld bleibt jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird, wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.«

Dabei ist nicht nur das Krankengeld für die Zeit bis zur erneuten Feststellung der Arbeitsunfähigkeit im Streit, sondern für die gesamte Zeit seit Ende der stationären Behandlung. Die Krankenkasse steht insoweit auf dem Standpunkt, dass die einen Tag verspätete ärztliche Feststellung den Verlust des Krankengeldanspruchs für die noch folgenden 74 Wochen zur Folge habe

Anspruch auf Krankgeld setzt nicht zwingend förmliche AU-Bescheinigung voraus

Das Sozialgericht Leipzig hat entschieden, dass der Anspruch auf Krankengeld im Einzelfall nicht zwingend voraussetzt, dass Arbeitsunfähigkeit förmlich bescheinigt wird. Ausreichend ist vielmehr eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt, der auch nicht zwingend als Vertragsarzt im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung zugelassen sein muss.

Das Gericht ist der Argumentation der Klägerin gefolgt, dass der Krankengeldanspruch - neben der hier unstreitigen Arbeitsunfähigkeit an sich - lediglich eine diesbezügliche ärztliche Feststellung voraussetze, hierfür aber keine besondere Form verlange.

Es sei daher ohne Belang, dass durch den Klinikarzt, der im Übrigen auch nicht über eine Kassenzulassung verfügte, keine förmliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit auf einem »Krankenschein« erfolgt sei. Es komme mithin nicht darauf an, ob und weshalb sich die Klägerin nach ihrer Entlassung aus der Klinik an einem Freitag erst am darauffolgenden Dienstag bei ihrem Hausarzt vorgestellt habe.

Die durch den Klinikarzt getroffene Feststellung ihrer Arbeitsunfähigkeit wirke vielmehr fort und decke diese vermeintliche zeitliche Lücke ab.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

© bund-verlag.de (ls)

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