Lohngleichheit

Gesetz für mehr Lohntransparenz kommt

11. Januar 2017
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Quelle: Jeanette Dietl _Dollarphotoclub

Die Bundesregierung hat den Entwurf für ein Entgelttransparenzgesetz auf den Weg gebracht. In Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten sollen Frauen einen Auskunftsanspruch darüber erhalten, was Männer in gleichwertiger Position verdienen. Das Auskunftsrecht besteht umgekehrt auch für Männer. Bei tarifgebundenen Unternehmen mit Betriebsrat ist dieser Ansprechpartner für die Arbeitnehmer.

Frauen verdienen 7 bis 21 Prozent weniger als Männer

Anlass für die neue Regelung ist der so genannte »Gender Pay Gap«, die immer noch bestehende Lücke zwischen den Bruttoverdiensten von Männern und Frauen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) im Frühjahr 2016 anlässlich des »Equal Pay Day« gemeldet hatte, liegt der durchschnittliche Bruttostundenverdienst von Männern bei 20,59 Euro, der von Frauen bei 16,20 Euro. Das bedeutet eine Differenz von 21 Prozent.

Diese Differenz erklärt sich unter anderem daraus, dass Frauen aus familiären Gründen häufiger als Männer in Teilzeit arbeiten oder sich zeitweise aus dem Beruf zurückziehen. Unter Anrechnung dieser Unterschiede verdienen Frauen bei gleicher Stundenzahl und fachlicher Qualifikation in einer vergleichbarenTätigkeit  pro Stunde immer noch 7 Prozent weniger als Männer. Die Lohnlücke stößt regelmäßig auf Kritik von Gewerkschaften und Politik.

Um die Gleichbehandlung von Frauen beim Arbeitslohn zu fördern, hatte das Bundeministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) 2016 einen Gesetzentwurf vorgelegt. Dieser wurde vor seiner Verabschiedung im Bundeskabinett politisch heftig diskutiert und mehrfach überarbeitet.

Gleichbehandlung ist schwer durchsetzbar

Ziel des Gesetzes ist es, insbesondere den Frauen die Durchsetzung ihres Anspruchs auf Gleichbehandlung zu erleichtern. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist in Deutschland eine geschlechtsbedingte Benachteiligung beim Arbeitslohn verboten. Daher kann eine Arbeitnehmerin die Gleichbehandlung beim Lohn grundsätzlich einklagen - sofern ihr der Nachweis gelingt, dass der Arbeitgeber sie ohne sachlichen Grund schlechter bezahlt als gleich qualifizierte männliche Kollegen mit den gleichen Aufgaben. In der Praxis scheitert dieser Anspruch häufig schon daran, dass Arbeitnehmerinnen nur schwer erfahren können, was Kollegen brutto oder netto verdienen.

Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber

Hier setzt das neue Gesetz an. Der Entwurf sieht in § 10 vor, dass Beschäftigte in Unternehmen ab 200 Mitarbeitern mindestens alle zwei Jahre Auskunft darüber verlangen können, was Beschäftigte beider Geschlechter in gleichwertiger Position verdienen. Dadurch soll aufgedeckt werden, ob im Betrieb eine ungerechtfertigte Lohndifferenzierung nach Geschlecht stattfindet. Die Gleichberechtigung ist übrigens keine Einbahnstraße: Der Auskunftsanspruch gilt nach dem Enwurf für beide Geschlechter, also auch für Männer, die sich im Vergleich zu ihren Kolleginnen unterbezahlt fühlen.

Aufforderung an größere Unternehmen

Unternehmen ab 500 Mitarbeitern sollen betriebliche Verfahren einführen, um Lohngleichheit herzustellen und zu überprüfen. Dies ist im Gesetzentwurf aber als Aufforderung formuliert, nicht als Verpflichtung.

Rolle des Betriebsrats

Der individuelle Auskunftsanspruch solll unabhängig davon gelten, ob im fraglichen Betrieb ein Betriebsrat existiert. Der Entwurf präzisiert allerdings die schon bestehende gesetzliche Aufgabe des Betriebsrats, die Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im Betrieb zu fördern ( § 80 Abs. 1 Nr 2a BetrVG). Daher werden Betriebsrat und Betriebsausschuss in das Auskunftsverfahren einbezogen (§§ 13 bis 15 des Gesetzentwurfs). Existiert kein Betriebsrat, muss der Arbeitgeber den Auskunftsanspruch der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer direkt erfüllen. Das neue Gesetz wird etwa 14 Millionen Beschäftigte betreffen. Änderungen sind noch möglich, wenn der Gesetzentwurf im Bundestag verhandelt wird.

Das Gesetz sieht folgende Bausteine vor:


  1. Einführung eines individuellen Auskunftsanspruches: Arbeitgeber mit mehr als 200 Beschäftigten müssen diesen zukünftig auf Anfrage erläutern, nach welchen Kriterien sie wie bezahlt werden.
  2. Betriebliche Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit: Private Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten werden aufgefordert, regelmäßig ihre Entgeltstrukturen auf die Einhaltung der Entgeltgleichheit zu überprüfen.

  3. Bericht zur Gleichstellung und Entgeltgleichheit: Arbeitgeber mit mehr als 500 Beschäftigten, die lageberichtspflichtig sind, müssen zudem künftig regelmäßig über Stand der Gleichstellung und der Entgeltgleichheit berichten. Diese Berichte sind für alle einsehbar.
  4. Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für das Entgeltgleichheitsgebot und Definition wesentlicher Begriffe.

Verhaltene Reaktionen

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) begrüßte den heute verabschiedeten Kompromiss als Durchbruch: »Die Lohnlücke von 21 Prozent ist ungerecht. Deshalb brauchen wir dieses Gesetz. Denn bisher gab es kein Gesetz, das das Thema 'gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit' voranbringt. Das schaffen wir jetzt und ich bin sehr froh, dass wir dieses Gesetz nun auf den Weg gebracht haben.«

Während Arbeitgeber-Präsident Ingo Kramer befürchtet, dass das Gesetz vor allem neuen bürokratischen Aufwand bringt, fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bereits Nachbesserung: Das Gesetz könne nur ein erstes Signal in Richtung Entgeltgleichheit in Betrieben und Dienststellen sein, sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack in Berlin: »Wichtiger wäre allerdings, dass die Unternehmen verpflichtet werden, ihre Entgeltpraxis zu überprüfen und Benachteiligungen systematisch abzubauen. Der DGB fordert die Abgeordneten auf, sich im Interesse der Frauen einen Ruck zu geben und zumindest für Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten betriebliche Prüfverfahren verbindlich vorzuschreiben.«

 

Der Gesetzentwurf im Wortlaut

Wer sich selbst einen Eindruck von dem neuen Gesetz verschaffen will, kann den heute im Bundeskabinett beschlossenen Entwurf hier beim Bundesfamilienministerium online einsehen: Entwurf eines Gesetzes zur  Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen (www.bmfsfj.de)

Quellen:

BMFSFJ, Pressemitteilung vom 11.01.2017 DGB, Pressemitteilung vom 11.01.2017 Destatis, Pressemitteilung 097 vom 16.03.2016

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