Grundsicherung

Keine Sozialhilfe für EU-Bürger

13. April 2016
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Quelle: © Roman Sigaev / Foto Dollar Club

Erwerbsfähige Unionsbürger, die wegen eines gesetzlichen Ausschlusses keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (»Hartz IV) erhalten, haben auch keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Das gilt laut einem Urteil des Sozialgerichts Speyer insbesondere dann, wenn sich das Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt oder kein Aufenthaltsrecht mehr besteht.


Bemerkenswert an der Entscheidung ist, dass das Gericht von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteile vom 3.12.2015 – B 4 AS 59/13 R u.a.) abweicht, wonach bei einem Aufenthalt von EU-Bürgern in Deutschland von mindestens sechs Monaten (»tatsächliche Aufenthaltsverfestigung«) Sozialhilfe geleistet werden muss.

Im vorliegenden Fall klagte eine irische Staatsangehörige, die im Rahmen ihrer Aufenthaltsanzeige angab, zur Arbeitssuche eingereist zu sein. Ihr Antrag auf Gewährung von Grundsicherungs-Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) wurde abgelehnt. In der Folgezeit arbeitete die Frau 3 Monate in geringfügigem Umfang und war danach auf Arbeitssuche.

Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt aufgebaut

Sie führt aus, dass der Leistungsausschluss nach dem SGB II gegen das europäische Gleichbehandlungsverbot verstoße. Zudem habe sie bereits eine Verbindung zum deutschen Arbeitsmarkt aufgebaut. Wenn sie keinen Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitssuchende habe, bestehe nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein Anspruch auf Sozialhilfe.

Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche

Das Sozialgericht Speyer hat die Klage abgewiesen. Entscheidend sei, dass sich das Aufenthaltsrecht der Klägerin alleine aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe, da sie weniger als 1 Jahr in Deutschland tätig war.

Der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV) verstoße nicht gegen europäisches Recht. Auch einen Anspruch auf Sozialhilfe besteht nach der Entscheidung nicht. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei nicht zu folgen, da sie sich über den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und den Willen des Gesetzgebers hinwegsetze.

Schließlich bedurfte es nach Auffassung des Sozialgerichts keiner Vorlage an das Bundesverfassungsgericht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages aus Art. 20 Abs. 1 GG zwar verpflichtet, materiell bedürftigen Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen.

Nach Ansicht des Sozialgerichtes folgt aus diesen Anforderungen jedoch nicht zwangsläufig ein Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende oder Sozialhilfe. Denn anders als etwa Asylbewerbern ist es Unionsbürgern regelmäßig möglich, ohne drohende Gefahren für hochrangige Rechtsgüter (etwa durch politische Verfolgung) in ihr Heimatland zurückzukehren und dort staatliche Unterstützungsleistungen zu erlangen.

 

© bund-verlag.de - (jes)
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