Gesundheitsschutz

Coronavirus & Arbeitsschutz im Gesundheits- und Transportwesen

Coronavirus
Quelle: pixabay

Die schnelle Verbreitung des Coronavirus wirft Fragen auf, die bisher in den Medien noch nicht sachgerecht und differenziert beantwortet werden. Unser Experte Prof. Dr. Wolfhard Kohte gibt Hinweise zum Arbeitsschutzrecht, die vor allem Akteuren in Betrieben des Gesundheitswesens und in Transportunternehmen weiterhelfen.

Update 7.4.2020: Bitte beachten Sie unsere Themenseite zu Corona und Arbeitsrecht. Dort finden Sie die aktuellsten Informationen.

Der Corona-Virus gehört zu den Biostoffen, er ist vom Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe (ABAS) am 19.2.2020 der Risikogruppe 3 zugeordnet worden (Beschluss 1/2020 des ABAS).

An erster Stelle (auch dringlich) stehen die Betriebe, in denen es um einen betrieblichen Umgang mit solchen Biostoffen geht. Dies sind einmal die Einrichtungen des Gesundheitswesens, in denen Menschen auf die jeweilige Infektion untersucht werden, sowie die Labore, in denen diese Proben untersucht werden. Dazu hat der ABAS am 19.2. erste Empfehlungen gegeben.

Im betrieblichen Arbeitsschutz geht es um den Schutz der Beschäftigten; durch die Risikoklasse 3 sind mehrere Vorgaben gemacht, die sich aus der Systematik der BioStoffV ergeben. 

Gefährdungsbeurteilung durchführen

Der – zuletzt 2012 aktualisierte – ABAS-Beschluss 609 »Arbeitsschutz beim Auftreten einer nicht ausreichend impfpräventablen humanen Influenza« hat die wesentlichen arbeits- und gesundheitswissenschaftlichen Erkenntnisse zusammengefasst. An erster Stelle steht natürlich die Gefährdungsbeurteilung, die nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BioStoffV »fachkundig« und daher auch unter Nutzung aller ABAS-Informationen durchzuführen ist. Dazu sind die verschiedenen Arbeitsabläufe zu unterscheiden, von der ersten Untersuchung über die Aufnahme und Behandlung infizierter Personen bis zu den Reinigungs- und Entsorgungsarbeiten der kontaminierten Räume und Materialien.

Auf dieser Basis sind die weiteren Instrumente – Betriebsanweisung, Unterweisung, arbeitsmedizinische Beratung und Arbeitsanweisung –, die sämtlich in § 14 BioStoffV zur Geltung zu bringen. Natürlich gehören dazu weiter die erforderlichen Schutzmaßnahmen nach §§ 9 ff BioStoffV,  die Überlassung und Bevoratung von persönlichen Schutzausrüstungen, Hygiene- und Infektionsmaßnahmen, so dass auch Reinigungskräfte – auch Fremdpersonal – in diesen Prozess einbezogen werden müssen.

Dieser Arbeitsschutz ist präventiv; er muss »vor Aufnahme der Tätigkeit« erfolgen, so dass die Einrichtungen des Gesundheitswesens nicht warten dürfen, bis die ersten Patienten vor der Tür stehen. Ebenso sind die Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge vorzubereiten; nach den bisherigen Erkenntnissen geht es um Angebotsvorsorge nach § 5 ArbMedVV. Besonders dringlich ist die Beschaffung persönlicher Schutzausrüstungen. Die AG Influenza des RKI hat inzwischen Empfehlungen zum ressourcenschonenden Einsatz solcher Ausrüstungen bei Lieferengpässen veröffentlicht.

Sitzung des Arbeitsschutzausschusses

Es empfiehlt sich daher, dass sehr zügig eine Sitzung des Arbeitsschutzausschusses einberufen wird, in dem die verschiedenen Schritte erörtert, konkretisiert und priorisiert werden. Da die BioStoffV nur allgemeine Vorgaben macht, die konkretisierungsbedürftig sind, ist bei dieser Konkretisierung das Mitbestimmungsrecht der Betriebs- und Personalräte sowie der kirchlichen Mitarbeitervertretungen zu beachten.

Diese arbeitsschutzrechtliche Aktualität gilt natürlich nicht nur für Betriebe des Gesundheitswesens, sondern auch im gesamten Transportbereich. Angesichts der Globalisierung der Epidemie sind zum Beispiel an Flughäfen und bei anderen Transportunternehmen (Bahn usw.) ebenso solche Untersuchungen notwendig, die entsprechende Arbeitsschutzmaßnahmen erforderlich machen.

Mehr lesen:

Coronavirus – Was tun im Betrieb?

Autor:

Prof. Dr. Wolfhard Kohte, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Juristische und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Gründungsprofessur Zivilrecht II, Bürgerliches Recht, Deutsches und Europäisches, Arbeits-, Unternehmens- und Sozialrecht sowie Zentrum für Sozialforschung Halle (ZSH).

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