Aktuell in "Der Personalrat"

Probleme beim Namen nennen

07. April 2022
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Im November 2021 hat die Zeitschrift »Der Personalrat« die Gewinner des Deutschen Personalräte-Preises 2021 gekürt. Die Edelmetall-Preisträger haben wir – noch als ungekürte Teilnehmer – bereits ausführlich in den Ausgaben Nr. 10–12/2021 vorgestellt. Wie haben sich deren Projekte seitdem weiterentwickelt und was hat sich dadurch in den Dienststellen oder in der Personalratsarbeit verändert? Dazu Christian Barthelmes, Vorsitzender des Gesamtpersonalrats der Stadt Frankfurt am Main. Das Gremium erhielt im vergangenen Jahr die Auszeichnung in Silber.

Herr Barthelmes, können Sie bitte einleitend kurz Ihr prämiertes Projektthema vorstellen?

Mit unserer Kampagne »AnStadt INTOLERANZ – Diversität leben. Werte achten.« haben wir Themen wie Diversität, interkulturelle Kompetenz und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit unter den Beschäftigten der Frankfurter Stadtverwaltung behandelt, um einen diversitätsbewussten und respektvollen Umgang mit allen Menschen zu fördern. Mit dem Ziel, ein Projekt von Beschäftigten für Beschäftigte zu schaffen, haben wir neben Kick-off-Veranstaltungen und Vorträgen ein »WerkStadt-Konzept« entwickelt, das den Kolleg:innen eine eigene aktive Beteiligung an der Kampagne erleichtern und den kulturellen Austausch anregen sollte. Vernetzt wurde alles über die stadtinterne Website www.anstadt-intoleranz.de, auf der alle stattgefundenen Aktionen beworben und dokumentiert worden sind.

Wie wirkt das Projekt im Jahr 2022 nach? Wurden die Ziele erreicht, die der Personalrat bei Projektstart vor Augen hatte und was hat sich für die Beschäftigten verändert?

Die Nachwirkungen der Kampagne sind bis heute sowohl mittelbar als auch unmittelbar wahrzunehmen. Zum einen sind unsere Kampagnenmotive nach wie vor in vielen Liegenschaften der Stadtverwaltung sichtbar, zum anderen erreichen uns immer noch Erinnerungen von Kolleg:innen an ihre persönlichen Highlights der Kampagne.

Am wichtigsten sind jedoch die Veränderungen im Verhalten und im Umgang der Beschäftigten untereinander. Wenn etwa ein Kollege sich aufgrund der Kampagne und des daraus entstandenen Kontakts mit Kolleg:innen traut, Nagellack am Arbeitsplatz zu tragen, mag das für manchen eine Kleinigkeit sein, für uns ist das ein großer Erfolg. Grundsätzlich lag unser Augenmerk vor allem darauf, dass sich möglichst alle Beschäftigten in der Auseinandersetzung mit dem Thema beteiligen können und so der Erhalt, die Entwicklung und Weiterentwicklung eines respektvollen Umgangs mit allen Menschen ermöglicht wird. Daneben war die Ableitung möglicher Handlungsbedarfe ein wichtiges Ziel. Wir haben beispielsweise festgestellt, dass eine größere Vielfalt quasi automatisch zu einer höheren Zahl von Konflikten führt. Hier gilt es nun, für die Bearbeitung derartiger Konflikte ein gutes System zu entwickeln und umzusetzen.

Haben sich aus dem Projekt weitere Folgeaufgaben für den Personalrat ergeben?

Insgesamt stellt sich nach wie vor die Aufgabe, die Umsetzung unserer Ergebnisse nachzuhalten. Dabei möchten wir beispielsweise die Fortbildungskonzepte in der Stadtverwaltung durchleuchten, interkulturelle Kompetenzen besser integrieren oder eine stärkere Vernetzung fördern. Daneben haben wir gemeinsam mit der Dienststelle das Vorhaben, ein Konfliktmanagementsystem für die Stadtverwaltung zu entwickeln, das dem zum Vorschein getretenen Bedarf Rechnung trägt. Im Ergebnis soll es niederschwellig und unbürokratisch allen städtischen Beschäftigten zur Verfügung stehen.

Was sind wichtige Praxistipps für andere Personalräte, wenn es um die Umsetzung vergleichbarer Projekte geht?

Generell sollten sich Personalräte aus unserer Sicht nicht scheuen, problematische Beobachtungen und Dinge zu benennen und zu thematisieren. Für die Umsetzung eines Projekts wie »AnStadt INTOLERANZ« ist wichtig, dass Personalräte ihren Handlungsrahmen ausschöpfen, den sie von ihrem Personalvertretungsgesetz erhalten. Konkret kann ein Projektauftrag etwa von den allgemeinen Überwachungsaufgaben und dem Gleichbehandlungsgrundsatz abgeleitet werden, um aktiv die Initiative zu ergreifen. So können Personalräte ihre Stellung im Betrieb ernst nehmen und mit Leben füllen. Wichtig ist auch, den Schulterschluss mit den politischen Verantwortlichen zu suchen.

Hat sich mit der Teilnahme an dem Preis oder der Auszeichnung etwas für den Personalrat verändert?

Natürlich haben uns viele Glückwünsche von Kolleg:innen aus der Stadtverwaltung und seitens der Dienststelle erreicht, was uns sehr gefreut hat. Dennoch haben wir die Auszeichnung nicht allein für uns in Empfang genommen, sondern stellvertretend für alle Beschäftigten, die sich tatkräftig in der Kampagne engagiert haben. Der Preis hat uns vor allem bestätigt, dass Graswurzelbewegungen auch in unserer Stadtverwaltung gut funktionieren können und erfolgreiche Kampagnen ermöglichen.

Was sind neue Projekte und aktuelle Handlungsfelder für den Personalrat im Jahr 2022?

Aktuell sind wir in der Planung, unsere Kampagne dieses Jahr wieder aufleben zu lassen und die Bestrebungen der Kampagne für mehr Diversität und Respekt innerhalb der Stadtverwaltung weiterzuverfolgen. Dafür wird es eine Aktionswoche geben, die künftig jährlich stattfinden soll und bewährte sowie neue Elemente unserer Kampagne beinhalten wird. Ein weiteres großes Handlungsfeld für den Gesamtpersonalrat ist das Thema mobile Arbeit. Neben regelhaftem mobilem Arbeiten und Telearbeit in der Stadtverwaltung hat das im Rahmen der Pandemie eingeführte Corona-Homeoffice einen großen Einfluss auf die Zusammenarbeit in unserer Stadtverwaltung genommen. Um einen Eindruck darüber zu bekommen, wie die Kolleg:innen in Zukunft zusammenarbeiten möchten, werden wir daher eine Beschäftigtenbefragung durchführen und dieses Jahr auswerten.

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