Tipps bei krankheitsbedingter Kündigung

Der gesetzliche Kündigungsschutz greift nur unter bestimmten Voraussetzungen – je nach Betriebsgröße und Betriebszugehörigkeit. Werden Beschäftigte dennoch gekündigt, greift der Kündigungsschutz nicht automatisch, sie müssen individualrechtlich fristgerecht Kündigungsschutzklage erheben. Der Betriebsrat kann ebenfalls in einem engen zeitlichen Korridor aktiv werden: der Kündigung widersprechen und konkrete Vorschläge zur Weiterbeschäftigung unterbreiten (s. unten). Zudem ist zu prüfen, ob ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM – nach § 167 SGB IX) nötig gewesen wäre und vom Arbeitgeber ordnungsgemäß angeboten und durchgeführt wurde.
Für die krankheitsbedingte Kündigung gelten im Klageverfahren bestimmte Hürden und Prüfverfahren. Das Arbeitsgericht etwa hat gründlich abzuwägen und zu bewerten, ob dem Arbeitgeber nicht »mildere Mittel« als eine Kündigung zur Verfügung gestanden hätten. Für die dreistufige Prüfung hat unter anderem die BAG-Rechtsprechung Standards gesetzt. Eine Kündigung wegen Krankheit setzt zumindest eine schlechte Zukunftsprognose voraus, die Betroffene entkräften können.
Der Beitrag des Rechtsschutzexperten Dietmar Christians lotet in »9 Tipps« die Handlungsmöglichkeiten der Betroffenen und der Interessenvertretung gründlich aus. Hier ein Auszug aus dem Beitrag den Interessierte in »Gute Arbeit« 9/2018 (Seiten 36-39) ausführlich lesen können:
Für wen gilt der Kündigungsschutz und wie wird er wirksam?
In Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten gilt das Kündigungsschutzgesetz für Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht. Will der Arbeitgeber ein unter dem Schutz dieses Gesetzes stehenden Beschäftigten trotzdem kündigen, braucht er einen Kündigungsgrund, allerdings nur, wenn der betroffene Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhebt. Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung als sozial gerechtfertigt und bleibt wirksam. Wird rechtzeitig Klage erhoben, muss der Arbeitgeber den Kündigungsgrund darlegen und im Zweifel beweisen.
Wie verhält sich der betroffene Arbeitnehmer?
Kündigt der Arbeitgeber, sollten betroffene Beschäftigte unverzüglich die Gewerkschaft aufsuchen und/oder so rasch wie möglich den Rechtsschutz einschalten. Die Kündigungsschutzklage muss nämlich spätestens drei Wochen nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht eingegangen sein. Geht sie später ein, gilt die Kündigung als gerechtfertigt und das Gericht wird sie nicht mehr überprüfen.
Zur Begründung einer Kündigung werden oft Zeiten der Arbeitsunfähigkeit von Arbeitnehmer/inne/n angegeben. Eine solche Begründung greift aber in der Regel nur mit »negativer Zukunftsprognose«. Wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschutzverfahren begründet hat, worauf er die negative Zukunftsprognose stützt, wird es zur Gegenargumentation in aller Regel erforderlich sein, dass Gekündigte die behandelnden Ärzte benennen und von ihrer Schweigepflicht entbinden. Ohne Schweigepflicht-Entbindungserklärung dürfen Ärzte auch vor Gericht keine Auskunft geben.
Zwar ist niemand einem Gericht gegenüber verpflichtet, Auskunft über seinen Gesundheitszustand zu geben. Rechtlich geht es aber um ein zivilrechtliches Verfahren, in dem es Darlegungs- und Beweisregeln gibt. Daher haben wegen Krankheit gekündigte Arbeitnehmer/innen nur die Chance, durch ärztliche Auskunft das Indiz der negativen Zukunftsprognose zu erschüttern – mit der Schweigepflicht-Entbindung.
Weitere Informationen
Der vollständige Beitrag von Dietmar Christians mit Verweis auf die Rechtsprechung der letzten Jahre in »Gute Arbeit« 9/2018 (S. 36-39).
Demnächst dazu in »Gute Arbeit« lesen: Aktuelle Urteile zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement.
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