Erforderliche Schulung

Arbeitgeber muss Teilnahme an Betriebsrätekonferenz bezahlen

08. Mai 2013

Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die Freistellung von den Schulungskosten auch dann verlangen, wenn er an einer größeren Konferenz zu datenschutzrechtlichen Problemen und neuen Technologien teilgenommen hat. Auch diese gilt als Schulungsveranstaltung im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG, soweit sie nicht nur auf einen reinen Erfahrungsaustausch zwischen den Teilnehmern beschränkt bleibt.

Der Fall:
Der Betriebsrat verlangt vom Arbeitgeber die Freistellung von Schulungskosten. Diese entstanden im Rahmen der Teilnahme eines seiner Mitglieder an einer Konferenz.

Das besagte Betriebsratsmitglied ist ausgebildeter Wirtschaftsinformatiker. Er ist außerdem der Vorsitzende des örtlichen EDV-Ausschusses sowie des Gesamt- und des Konzern-EDV-Ausschusses beim Arbeitgeber. Auf Beschluss des Betriebsrats nahm er an einer Konferenz für Betriebs- und Personalräte teil. Diese hatte das Thema „Was bringt uns das neue Beschäftigtendatenschutzgesetz? Welche Technik-Trends zeichnen sich ab?“. 

Der Arbeitgeber hat die Kostenübernahme verweigert. Es handele sich nicht um eine Schulungs- und Bildungsveranstaltung im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG. Sie sei nicht auf Wissensvermittlung, sondern vorrangig auf einen Meinungsaustausch ausgerichtet gewesen.

Die Entscheidung:
Das LAG Hamburg hat den Arbeitgeber dazu verpflichtet, das Betriebsratsmitglied von den Schulungskosten freizustellen.

Die Konferenz ist noch als Schulungsveranstaltung im Sinne des BetrVG anzusehen, meinten die Richter. Zwar hat der Arbeitgeber zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Schulung in diesem Sinne didaktisch auf einen bestimmten, eng abgegrenzten Kreis abgestellt sein muss. Insbesondere muss noch eine individuelle Beziehung zwischen Lehrpersonen und Teilnehmenden gewährleistet sein. Und vorliegend haben - unstreitig - mindestens 72 Personen teilgenommen. Jedoch waren neben dem Entwurf zum Beschäftigtendatenschutzgesetz vor allem aktuelle datenschutzrechtliche Probleme, neue Technologien und die damit einhergehenden Auswirkungen auf Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten Gegenstand.

Ausweislich des Konferenzprogramms waren in mehr als die Hälfte der Gesamtzeit aktuelle datenschutzrechtliche Probleme, neue Technologien und die damit einhergehenden Auswirkungen auf Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten gemäß § 87 Abs. Nr. 6 BetrVG behandelt worden; daher durfte der Betriebsrat die Teilnahme seines Mitgliedes als erforderlich ansehen.

Zuzugeben ist dem Arbeitgeber auch, dass es sich hierbei um eine Spezialschulung gehandelt hat. Das bedeutet, dass für die Teilnahme des Betriebsratsmitgliedes ein konkreter, aktueller betriebsbezogener Anlass vorgelegen haben muss. Diesen Anlass konnte der Betriebsrat aber benennen. So hat er darauf hingewiesen, dass sich das Betriebsratsmitglied aufgrund seiner Tätigkeit im Gesamt-EDV-Ausschuss und Konzern-EDV-Ausschuss in mit diversen aktuellen IT- Themen, darunter die elektronische Personalakte, befassen musste. Soweit der Arbeitgeber  in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen hat, dass der Mitarbeiter aufgrund seiner Ausbildung zum Wirtschaftsinformatiker über ausreichende Kenntnisse verfügt, überzeugt die die Richter nicht.

Gerade im Bereich der IT hat die technische Entwicklung in den letzten Jahren eine derart schnelle Entwicklung genommen, dass die Ausbildung des Mitarbeiters mit Sicherheit nicht ausreicht, um aktuelle IT-Entwicklungen nachvollziehen zu können.

Quelle:
LAG Hamburg, Beschluss vom 04.12.2012,
Aktenzeichen: 4 TaBV 14/11

Lesetipp der Online-Redaktion:
» Grundlagenseminare für Betriebsräte « von Gorsboth in »Arbeitsrecht im Betrieb« 6/2010, S. 381-386.

(c) bund-verlag.de (ts)

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