Arbeitszeit

Außendienstfahrten sind Arbeitszeit

14. September 2015

Die Fahrten, die Arbeitnehmer ohne festen oder gewöhnlichen Arbeitsort zwischen ihrem Wohnort und dem Standort des ersten und des letzten Kunden des Tages zurücklegen, stellen Arbeitszeit dar. Dies entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) zugunsten einer Gruppe Service-Techniker in Spanien.

Der spanische Gewerkschaftsverband »Federación de Servicios Privados del sindicato Comisiones obreras« (CC.OO.) und ein Unternehmen für Sicherheitstechnik streiten darum, ob das Unternehmen verpflichtet ist, die Dienstfahrten seiner angestellten Servicetechniker als Arbeitszeit anzuerkennen.

Servicetechniker ohne festen Arbeitsort

Im Jahr 2011 schloss die Arbeitgeberin ihre Regionalbüros und ordnete alle Angestellten dem Zentralbüro in Madrid zu. Die Entfernung zwischen Wohnort und Einsatzort kann beträchtlich variieren und über 100 km oder bis zu drei Stunden Fahrzeit betragen.

Die Service-Techniker haben die Aufgabe, die Sicherheitsanlagen bei den Kunden zu installieren und sie zu warten. Jeder Techniker ist für ein räumlich ausgedehntes Gebiet zuständig. Ihm stehen ein Firmenwagen und ein dienstliches Mobiltelefon zur Verfügung.

Arbeitgeber zählt erste und letzte Fahrt als Ruhezeit

Den Fahrplan mit den aktuellen Kundenterminen und Arbeitsorten erhalten die Servicetechniker am Vortag jedes Werktags. Vor Schließung der Regionalbüros rechnete die Arbeitgeberin den Servicetechnikern die Zeit von der Ankunft im Büro bis zur Rückgabe des Dienstwagens am Abend als Arbeitszeit an.

Seit der Schließung zählt die Arbeitgeberin die Arbeitszeit von der Ankunft des Servicetechnikers beim ersten Kunden bis zum Ende des Einsatzes beim letzten Kunden. Die Hinfahrt zum ersten Kunden und die Heimreise vom letzten Kunden wertet das Unternehmen als Ruhezeit.

Das mit dem Fall befasste spanische Gericht Audiencia Nacional legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vor, ob die Zeit, die Arbeitnehmer für die Fahrt am Beginn und am Ende des Werktags aufwenden, als Arbeitszeit anzusehen ist.

EuGH wertet Anfahrt und Rückfahrt als Arbeitszeit

Der EuGH bejaht dies unter Bezugnahme auf die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG. Arbeitnehmer ohne festen oder gewöhnlichen Arbeitsort richten ihre Fahrzeiten nach den Weisungen des Arbeitgebers, so das Gericht. 


Die Fahrten seien das notwendige Mittel, um am Standort des jeweiligen Kunden die geschuldete Arbeitsleistung erbringen zu können. Es sei davon auszugehen, dass die Arbeitnehmer während der Fahrzeiten dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen. Dieser könne ihnen Anweisungen erteilen, die Kundenreihenfolge, Termine und Fahrtziele streichen oder hinzufügen. Während der Fahrtzeit, die sich regelmäßig nicht verkürzen lässt, hätten die Arbeitnehmer somit nicht die Möglichkeit, eigenständig über ihre Zeit zu verfügen.


Diese Zeit als Ruhezeit einzustufen, liefe dem Ziel der Richtlinie zuwider, Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen. Daher sei die Fahrtzeit von Arbeitnehmern, die keinen festen oder gewöhnlichen Arbeitsort haben, für die täglichen Fahrten zwischen ihrem Wohnort und dem Standort des ersten und letzten Kunden aufwenden, als Arbeitszeit im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie einzustufen.

Eine Kommentierung dieser Entscheidung von Matthias Beckmann, DGB Rechtsschutz GmbH finden Sie hier.

Quelle:
EuGH, Urteil vom 10.09.2015
Aktenzeichen C-266/14
EuGH, Pressemitteilung Nr. 99/15 vom 10.09.2015
© bund-verlag.de (ck)

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