Mitbestimmung

BPersVG-Kommentar in Neuauflage

16. Dezember 2015

Das neue Standardwerk zum BPersVG ist da! Welche aktuellen Änderungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung musste das Autorenteam berücksichtigen? Können Personalräte, für die ein LPersVG gilt, auch mit dem Bundes-Kommentar arbeiten? Warum erweist sich der umfangreiche Anhang als so nützlich? Diese Fragen beantwortet Lothar Altvater, Mitautor des Kommentars, in unserem Experteninterview.

Welche wichtigen Änderungen in der Gesetzgebung waren für die Neuauflage zu verarbeiten?

Zu verarbeiten waren insbesondere: das Gesetz zur Einführung der Familienpflegezeit und zum flexibleren Eintritt in den Ruhestand für Beamtinnen und Beamte des Bundes vom 3.7.2013, das Gesetz zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen vom 19.10.2013, das für die Jobcenter bedeutsame Achte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 28.7.2014, das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vom 24.4.2015 mit der Neufassung des Bundesgleichstellungsgesetzes, das Gesetz zur Weiterentwicklung des Personalrechts der Beamtinnen und Beamten der früheren Deutschen Bundespost vom 28.5.2015 sowie das Tarifeinheitsgesetz vom 3.7.2015.

Hinzu kamen zahlreiche, in insgesamt 13 Ländern erlassene Gesetze zur Neuregelung oder Änderung des Landespersonalvertretungsrechts, die bei der Aktualisierung der vergleichenden Anmerkungen zu den Landespersonalvertretungsgesetzen zu berücksichtigen waren.

Und was hatte sich in der Rechtsprechung Neues getan?

Auszuwerten waren rund 200 Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts aus der Zeit von Januar 2013 bis Mai 2015. In circa 120 Fällen hat das BVerwG entschieden. Fast 100 seiner Entscheidungen hat es im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren getroffen, die anderen (zur Interessenvertretung der Soldaten) im Wehrbeschwerdeverfahren und (aufgrund von Klagen aus dem Beamtenverhältnis) im allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Die rund 80 Entscheidungen des BAG sind teils im Urteilsverfahren ergangen (vor allem in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern), teils im Beschlussverfahren (hauptsächlich in Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz). Für den BPersVG-Kommentar kann die Rechtsprechung des BAG durchaus von Interesse sein. Ohne weiteres gilt dies für Urteile, die außer den streitigen arbeitsrechtlichen Hauptfragen auch personalvertretungsrechtliche Vorfragen beantworten. Interessant sind aber auch solche Entscheidungen des BAG, in denen sich die interessenvertretungsrechtlichen Aussagen auf Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes beziehen, zu denen es im BPersVG vergleichbare Bestimmungen gibt.

Worum genau ging es in den eingearbeiteten neuen Entscheidungen?

Inhaltlich beziehen sich die eingearbeiteten neueren Gerichtsentscheidungen auf alle personalvertretungsrechtlichen Regelungsbereiche. Beispielhaft hervorzuheben ist die in über 15 Entscheidungen entwickelte Rechtsprechung des BVerwG zu den aus dem SGB II resultierenden Besonderheiten der Personalvertretungen bei jenen Jobcentern, die als gemeinsame Einrichtungen der Agenturen für Arbeit und der kommunalen Träger gebildet sind. Diese Rechtsprechung ist aber nicht nur dort und bei der Bundesagentur für Arbeit bedeutsam, sondern im gesamten Geltungsbereich des BPersVG, weil sie Aussagen zu einigen übergreifenden Fragen trifft: insbesondere zur Beschäftigteneigenschaft und Dienststellenzugehörigkeit als Voraussetzung der Wahlberechtigung und des Teilnahmerechts an Personalversammlungen sowie mit Konsequenzen für die Feststellung der Zahl der Personalratsmitglieder und ihrer Freistellungen; zu den Spezifika einer als Kollegium organisierten Dienststellenleitung; zu den Beteiligungszuständigkeiten und Beteiligungsverfahren.

Nützt der Kommentar auch Personalräten, für die ein Landespersonalvertretungsgesetz gilt?

Für Personalräte, die auf der Grundlage eines LPersVG gebildet sind, ist auch das BPersVG von Bedeutung. Zum Ersten, weil die §§ 107 bis 109 BPersVG Vorschriften enthalten, die unmittelbar für die Länder gelten; sie beziehen sich insbesondere auf den Schutz der Personalvertreter, z.B. auf die Übernahme von Auszubildenden nach erfolgreichem Abschluss der Berufsausbildung und auf den Kündigungsschutz. Zum Zweiten, weil die §§ 94 bis 106 BPersVG Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder normieren und diesen damit bestimmte Standards vorgeben. Zum Dritten, weil es zu den nur für die Personalvertretungen im Bundesdienst geltenden Vorschriften der §§ 1 bis 93 BPersVG in den LPersVG sehr oft auch Entsprechungen mit identischen oder teilweise identischen Inhalten gibt. Somit können die Kommentierungen auch jener Vorschriften, die nicht unmittelbar für die Länder gelten, zur Auslegung der vergleichbaren Bestimmungen der Landesgesetze herangezogen werden, wobei etwaige landesrechtliche Besonderheiten zu beachten sind.

Werden die vergleichbaren Bestimmungen genannt?

Am Ende der Kommentierung der §§ 1 bis 93 BPersVG sind jeweils in einer gesonderten Rubrik nicht nur die vergleichbaren Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes, sondern auch die aller 16 Landespersonalvertretungsgesetze aufgeführt. Bei umfangreichen Einzelvorschriften mit verschiedenen Regelungsinhalten wird dabei nach Untergliederungen der Paragrafen (Absätzen, Sätzen, Nummern) differenziert. In zehn Synopsen auf insgesamt 45 Seiten finden sich überdies detaillierte Angaben zu den Gegenständen der Beteiligung des Personalrats.

Wird auf landesrechtliche Besonderheiten eingegangen?Wichtige landesrechtliche Besonderheiten in den Regelungen zur Organisation und Beteiligung der Personalräte werden in zusätzlichen Anmerkungen beschrieben. Die Synopsen und ergänzende Erläuterungen informieren umfassend und detailgenau über die landesgesetzlichen Tatbestände und Formen der Beteiligung. Außerdem bringt die Kommentierung der Rahmenvorschrift des § 95 BPersVG vergleichende Hinweise auf die Sonderregelungen der LPersVG für bestimmte Personengruppen und Dienststellen.Warum erweist sich der umfangreiche Anhang als so nützlich?

Zum einen behandelt der Anhang Vorschriften, welche die im Ersten Teil des BPersVG normierten Vorschriften über die Personalvertretungen im Bundesdienst ergänzen, ohne den sachlichen und persönlichen Geltungsbereich dieser Vorschriften zu erweitern. Die kommentierte Wahlordnung (Anhang I) regelt das Verfahren der Wahl der Personalvertretungen und konkretisiert damit die gesetzlichen Wahlvorschriften. Die erläuterten Auszüge aus dem Deutschen Richtergesetz (Anhang II) betreffen im Wesentlichen die in § 53 DRiG geregelten gemeinsamen Aufgaben von Richterrat und Personalvertretung in den Gerichten des Bundes; sie hätten gesetzestechnisch auch in die Vorschriften für besondere Verwaltungszweige in den §§ 85 ff. BPersVG eingefügt werden können. Die auszugsweise erläuterten §§ 203 bis 205 und 353b Strafgesetzbuch (Anhang VIII) regeln den strafrechtlichen Schutz gegen Verletzungen der personalvertretungsrechtlichen Schweigepflicht; sie gelten einheitlich für Bund und Länder und demnach sowohl für das BPersVG als auch für die LPersVG.

Zum anderen finden sich im Anhang kommentierte Vorschriften, die den Geltungsbereich des BPersVG (mit detailliert geregelten Abwandlungen) auf weitere Einrichtungen und Personen ausdehnen. Die größte quantitative Bedeutung haben dabei die das Personalvertretungsrecht der Bundeswehr maßgeblich bestimmenden Sondervorschriften im Soldatengesetz und Soldatenbeteiligungsgesetz, die teilweise auf das BPersVG verweisen und dieses modifizieren (Anhang V). Sie gelten für die bei den Streitkräften des Bundes beschäftigten Beamten und Arbeitnehmer sowie für die in den Streitkräften oder der Bundeswehrverwaltung eingesetzten Soldaten der Bundeswehr, die teils durch Vertrauenspersonen und deren Gremien, teils durch Personalvertretungen vertreten werden. Praktisch bedeutsam sind nach wie vor die Bestimmungen über die eingeschränkte Geltung des Bundespersonalvertretungsrechts für die zivilen Arbeitskräfte bei den in Deutschland stationierten ausländischen Streitkräften der NATO-Staaten; für die dortige „Betriebsvertretung“ gelten die Maßgaben in Artikel 56 Abs. 9 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut mit dem einschlägigen Unterzeichnungsprotokoll (Anhang VII).

Seit den Privatisierungen der Bundeseisenbahnen und der Unternehmen der Deutschen Bundespost in den Jahren 1994 und 1995 gelten langfristig angelegte Sonderregelungen für die Beamten des Bundeseisenbahnvermögens, die der Deutschen Bahn AG zugewiesen sind, sowie für die Beschäftigten bei den privatrechtlich organisierten Postnachfolgeunternehmen; die in der Zwischenzeit wiederholt geänderten Regelungen sind im Wesentlichen enthalten im Deutsche Bahn Gründungsgesetz und im Postpersonalrechtsgesetz (Anhang III und IV).


Lothar Altvater ist Mitautor von »BPersVG – Bundespersonalvertretungsgesetz,
Kommentar für die Praxis mit Wahlordnung und ergänzenden Vorschriften« :

Lothar Altvater, Eberhard Baden, Peter Berg, Michael Kröll, Gerhard Noll, Anna Seulen

Kommentar für die Praxis mit Wahlordnung und ergänzenden Vorschriften

2016, 2616 Seiten, gebunden, 9. Aufl. ISBN: 978-3-7663-6454-8

Mit Hinweisen und Übersichten zu vergleichbaren Bestimmungen in allen 16 Landespersonalvertretungsgesetzen. Landesrechtliche Besonderheiten sind dabei besonders hervorgehoben.

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