Flugbegleiter qualifiziert nicht für Richterberuf
17. Oktober 2016

Nebenjob am Flughafen im Studium
Nachdem die Justizverwaltung dies abgelehnt hatte, erhob er Klage. Das Berliner Verwaltungsgericht hatte das Land mit Urteil vom 20.03.2013 verpflichtet, die Tätigkeiten des Klägers als Erfahrungszeiten gemäß § 38a Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin (BBesG Bln) anzuerkennen. In zweiter Instanz hatte das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen (OVG Berlin-Brandenburg, 17.09.2015 - 4 B 23.13).BVerwG: Nicht jede Tätigkeit zählt
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat die Revision des Richters zurückgewiesen. Zur Begründung führt das Gericht aus, § 38a Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 BBesG Bln erkenne Zeiten einer Vor-Tätigkeit an, sofern sie für den Erwerb der nach § 9 Nr. 4 Deutsches Richtergesetz (DRiG) notwendigen »sozialen Kompetenz« förderlich sein konnten. Die Vorschrift ist nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang und Sinn und Zweck der Norm eingrenzend auszulegen. Durch die Bezugnahme auf die für die richterliche Tätigkeit erforderliche soziale Kompetenz werde deutlich, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um eine beliebige berufliche Vor-Tätigkeit handeln könne.Maßstab: Anforderungen des Richterberufs
Vielmehr muss sie einen Bezug zum Beruf des Richters aufweisen. Kennzeichnend hierfür ist die Fähigkeit, in Konfliktsituationen die divergierenden Interessen mehrerer Beteiligter auch in komplexen Lebensverhältnissen zu erfassen, zu einem Ausgleich zu bringen und ggf. hierüber auch zu entscheiden. Der Richter muss ferner die sozialen Folgen seines Handelns berücksichtigen. Andererseits muss er aber auch die erforderliche Konflikt- und Entschlussfähigkeit besitzen. Für eine (mögliche) Tätigkeit im Spruchkörper muss er über Teamfähigkeit verfügen und eine kollegiale Beratungskultur pflegen. Solche Fähigkeiten müssen im Vordergrund der in Rede stehenden Vor-Tätigkeit stehen und für diese prägend sein.Arbeit mit Kundenkontakt reicht nicht aus
Danach reicht nicht jede berufliche Tätigkeit, die zwangsläufig mit einem Kontakt zu anderen Menschen verbunden ist, als Erfahrungszeit aus, insbesondere nicht solche Tätigkeiten, bei denen dieser soziale Umgang den anderen Menschen nur ausschnittsweise, in einer begrenzten sozialen Funktion und Situation, z.B. als Kunde, betrifft. Diese Voraussetzungen sind bei einer Tätigkeit als Flugbegleiter nicht erfüllt. Denn der Flugbegleiter erbringt in erster Linie im Auftrag der Fluggesellschaft Leistungen, um die Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber ihren Kunden zu erfüllen. Bei einem Fluggastabfertiger (Bodensteward) sind Art und Maß des sozialen Kontakts zum Kunden noch geringer als bei einem Flugbegleiter.Maßgebliche Rechtsnormen:
Deutsches Richtergesetz (DRiG) »§ 9 Voraussetzungen für die BerufungenIn das Richterverhältnis darf nur berufen werden, wer
1. Deutscher im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes ist, 2. die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt, 3. die Befähigung zum Richteramt besitzt (§§ 5 bis 7) und 4. über die erforderliche soziale Kompetenz verfügt.«
Bundesbesoldungsgesetz in der Überleitungsfassung für Berlin (BBesG Bln)»§ 38a Berücksichtigungsfähige Zeiten (auszugsweise)
(1) Bei der ersten Stufenfestsetzung werden den Richtern und Staatsanwälten als Erfahrungszeiten im Sinne des § 38 Absatz 3 anerkannt: (.….) 3. Zeiten einer Tätigkeit in einem anderen Beruf und die Zeiten der außer der allgemeinen Schulbildung für einen solchen Beruf vorgeschriebenen Ausbildung, wenn während dieser Zeiten für die Ausübung des Richteramts förderliche Kenntnisse oder Erfahrungen erworben werden konnten oder die Tätigkeit für den Erwerb der nach § 9 Nummer 4 des Deutschen Richtergesetzes notwendigen sozialen Kompetenz förderlich sein konnte, bis zu fünf Jahren, (…)«
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