EuGH: Verbot für Kettenbefristung

28. September 2016
Stempel_63563050-e1465203703977
Quelle: © Style Media & Design / Foto Dollar Club

Sachgrundlos befristete Arbeitsverträge, die lediglich der Besetzung offener Stellen dienen sollen, entsprechen nicht den rechtlichen Vorgaben der Europäischen Union. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Rechtsstreit entschieden. Dabei ging es um eine Kettenbefristung, gegen die sich eine spanische Krankenschwester wehrte. 


Eine spanische Krankenschwester war für den Zeitraum Februar 2009 und Juni 2013 im Universitätskrankenhaus von Madrid eingestellt. Ihr Arbeitsvertrag war insgesamt achtmal befristet. Nach der achten Befristung sollte das Arbeitsverhältnis auslaufen Dagegen klagte die Krankenschwester. Nach ihrer Auffassung dienten die aufeinanderfolgenden befristeten Verträge nicht der Deckung eines konjunkturellen oder außerordentlichen Bedarfs der Gesundheitsdienste, wie das Klinikum als Begründung angegeben hatte, sondern entsprachen in Wirklichkeit einer dauerhaften Tätigkeit.

Der mit der Klage befasste Juzgado de la Contencioso Administrativo n° 4 de Madrid (Verwaltungsgericht Nr. 4 Madrid, Spanien) fragt den EuGH, ob die spanische Regelung, die die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge im Bereich der Gesundheitsdienste zulässt, gegen die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (eine Vereinbarung, nach der die Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen müssen, um Missbräuchen durch die Verwendung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge vorzubeugen und die Prekarisierung der Lage der Beschäftigten zu verhindern) verstößt. Der EuGH hat entschieden, dass die spanische Regelung gegen die EU-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (Rahmenvereinbarung v. 18.03.1999, die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates v. 28.06.1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten ist - ABl. 1999, L 175, 43) verstößt, weil sie trotz eines strukturellen Mangels an Planstellen die Verlängerung von befristeten Verträgen zur Deckung eines ständigen und dauerhaften Bedarfs zulässt.

Nationales Recht muss Schranken setzen

Laut EuGH soll die Rahmenvereinbarung missbräuchliche befristete Arbeitsverträge vermeiden, indem die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Regelungen mindestens eine der folgenden Schranken für befristete Arbeitsverträge festlegen:

  • Sachliche Gründe, die die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge rechtfertigen,
  • die insgesamt maximal zulässige Dauer, für die solche aufeinanderfolgenden Verträge geschlossen werden können,
  • die zulässige Zahl von Verlängerungen.

Spanische Regelung sieht keine Grenzen vor

Da die spanische Regelung keine Beschränkung zur Dauer oder zur Zahl der Verlängerungen befristeter Arbeitsverträge vorsieht, hätte ein sachlicher Grund für die Befristung in Frage kommen müssen. Laut EuGH kann die vorübergehende Vertretung eines Arbeitnehmers zur Deckung eines zeitweiligen Bedarfs einen sachlichen Grund darstellen. Die Verträge könnten jedoch nicht für ständige und dauerhafte Aufgaben verlängert werden, die zur normalen Tätigkeit des festen Krankenhauspersonals gehörten. Der sachliche Grund müsse die Erforderlichkeit der Deckung eines zeitweiligen und nicht eines ständigen Bedarfs konkret rechtfertigen. Im Fall der Krankenschwester beruhten die Befristungen nicht auf einem bloß zeitweiligen Bedarf des Arbeitgebers. Da für die spanische öffentliche Verwaltung keinerlei Verpflichtung zur Schaffung von Planstellen bestehe und diese offene Stellen mit Interimspersonal ohne eine Beschränkung der Dauer der Verträge oder der Anzahl ihrer Verlängerungen besetzen dürfe, entstehe eine dauerhafte – nicht hinnehmbare – Unsicherheit für die Arbeitnehmer.

EuGH erlässst weitere Befristungs-Urteile

Wichtig: Der EuGH hat am 14.09.2016 zwei weitere Befristungs-Urteile erlassen (Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-184/15 und C-197/15, Urteil in der Rechtssache C-596/14). In den verbundenen Rechtssachen C-184/15 und C-197/15 hat der EuGH klargestellt, dass die nationalen Behörden geeignete, hinreichend effektive und abschreckende Maßnahmen vorsehen müssen, um festgestellte Missbräuche befristeter Verträge zu verhindern und zu ahnden.

Bezogen auf die Rechtssache C-596/14 hat der EuGH unter Verweis auf den Grundsatz der Nichtdiskriminierung festgestellt, dass befristet beschäftigte Arbeitnehmer in gleicher Weise wie Dauerbeschäftigte einen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung wegen Vertragsbeendigung haben.

© bund-verlag.de – (mst)

Lesetipp der Online-Redaktion:

»Zukunft der Arbeit im öffentlichen Dienst« von Mirjam Muhs, »Der Personalrat« Ausgabe 7-8/2016, S. 33  
AiB-Banner Viertel Quadratisch - Anzeige -

Das könnte Sie auch interessieren

Inklusion Familie Rollstuhl Behinderung Gleichstellung Sonnenuntergang Gruppe
Rehabilitation - Aus den Fachzeitschriften

20 Jahre BEM

KI, Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz - Aus den Fachzeitschriften

KI-basierte Chatbots in der Gremienarbeit